Stephan Hirt, CEO Schwob AG, am Prix SVC Espace Mittelland 2025
8 min

«Die grosse Challenge bei der Digitalisierung ist, Standardlösungen und individuelle Anforderungen zusammenzubringen»

Eine traditionelle Leinenweberei trifft auf Digitalisierung und Rundumservice: Im Interview erläutert Stephan Hirt, CEO von Schwob, wie sein Unternehmen mit Digitalisierung die Zukunft plant. Und weshalb wir die Haptik nicht vergessen sollten.

Stephan Hirt, wie bleiben Sie mit der Leinenweberei in Burgdorf, also mit der Textilherstellung in der Schweiz, konkurrenzfähig?

Es gibt drei Aspekte: Erstens, wir produzieren auch kleine Mengen, das können mal 200 Stück an Tischtüchern, Tischsets oder auch Servietten sein. Denn die Hotels in der Schweiz sind deutlich kleiner als im Ausland. Zweitens unterscheiden wir uns im Preis-/Leistungsverhältnis in dem Sinn, dass die Qualität bei unseren Preisen stimmt.

Und drittens kommt unser Service dazu. Wir begleiten unsere Kunden vor Ort. Dazu reisen unsere Aussendienstler in jeden «Chrachen» der Schweiz, zu einem Hotel, einem Gastronomen oder zu einer Altersresidenz, schauen die Situation an und empfehlen das bestmögliche Produkt in der Beratung. Wir lassen einen Kunden nicht allein mit einem Online-Shop. Dann kauft er womöglich etwas, das nicht auf seine Bedürfnisse zugeschnitten ist.

Es geht auch um die Funktionalität. Es ist ja nicht nur die Qualität des Duvet-Anzugs, sondern auch des Duvet- und Kisseninhalts sowie des Matratzen- und Kissenbezugs. All diese Elemente sind entscheidend, damit ein Gast gut schläft.

Welche Rolle spielt die mobile Kommunikation im Arbeitsalltag?

Wenn wir unterwegs sind, haben wir Stoffmuster dabei. Aber viele Informationen, etwa die History eines Kunden, laden die Vertriebsmitarbeitenden vor Ort aus dem System aufs Smartphone oder Tablet herunter. Deshalb ist für wichtig, dass wir bis in die hintersten Ecken der Schweiz eine gute Abdeckung haben, wie das bei Swisscom der Fall ist. Das sind die Momente, in denen die haptischen Textilien mit der digitalen Welt zusammenkommen.

Was bedeutet Digitalisierung im Kontext eines Traditionsunternehmens wie Schwob?

Digitalisierung ist für uns ein Treiber und gibt uns neue Möglichkeiten. Ich schlage den Bogen zu unseren fünf Wäschereien und dabei insbesondere zur neusten respektive modernsten Grosswäscherei der Schweiz, welche wir im Frühjahr 2023 am Standort in Härkingen in Betrieb genommen haben. Wenn ein Lastwagen von einem Hotel gemischte Bett-, Tisch- und Frotteewäsche liefert, nimmt jeder Artikel einen anderen Lauf. Das Frotteetuch erhält eine andere Behandlung als ein Tischtuch oder Bettbezug. Die Wäsche wird digital eingelesen und für jeden Artikel der entsprechende Waschprozess gewählt. Und am Schluss kommt die saubere Wäsche auf einem Förderband wieder zusammen für die Spedition. Beim Kunden ist alles wieder sortiert und komplett, obwohl die einzelnen Stücke ganz andere Läufe genommen haben.

Das Video über die Schwob AG für den Prix SVC. Video: SVC

Was sind Ihre Herausforderungen bei der Digitalisierung?

Es gibt natürlich einige Herausforderungen. Wichtig ist, dass wir die Prozesse bereits in der konventionellen Welt im Griff haben und sie danach für die digitale Welt anpassen. Das ist unser Weg zur Digitalisierung.

Ein Beispiel für einen einfachen Digitalisierungsprozess bei uns: Wir haben mit dem E-Dossier die Mitarbeiterdossiers für unsere sechs Standorte digitalisiert und zentral abgelegt, damit die HR-Abteilung überall Zugriff hat. Als weiteres Thema kann ich das Kreditorenmanagement erwähnen. Hier läuft aktuell ein Digitalisierungsprojekt, das uns zukünftig viel Aufwand bei unserer Menge an Rechnungen und Betrieben sparen soll.

Aber die Grundherausforderung ist, mit den verfügbaren digitalen Lösungen einen Prozess so abzubilden, dass er unseren Bedürfnissen entspricht. Wir möchten nicht wegen der Software den ganzen Prozess anpassen und auch nicht jedes Mal eine individuelle Lösung suchen. Die grosse Challenge beim Thema Digitalisierung ist also, eine Standardlösung mit den individuellen Anforderungen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.

Gibt es ein aktuelles Digitalisierungsprojekt, an dem Sie arbeiten?

Ich werfe einen Blick in die Zukunft. Wir verwenden bis heute mit SAP ein ERP. In den Wäschereien haben wir jedoch den Bedarf nach einer spezifischen ERP-Lösung explizit für diesen Bereich. Denn die Bedürfnisse sind ganz anders als in der Textilproduktion. Das möchten wir in den nächsten Jahren realisieren.

Da stellen sich Fragen nach den Schnittstellen zu SAP, zu den Prozessen des Lieferscheins, der Rechnungen usw. Derzeit fordert uns heraus, hier das richtige Produkt zu evaluieren, das genau auf unsere Bedürfnisse passt.

Das ist wichtig, denn die Wäschereien sind der Motor der Schwob AG. Wir waschen jeden Tag über 50 Tonnen Wäsche, oder pro Jahr rund 12’000 Tonnen. Und Prozessoptimierungen in der digitalen Welt haben einen viel schnelleren Return on Investment. Darum müssen wir dort den Hebel ansetzen, damit wir noch effizienter werden in der Wäscherei.

Wenn es um Digitalisierung geht, hat das ja auch Auswirkungen auf die Mitarbeitenden in der Wäscherei und Weberei. Wie nehmen Sie dabei die Mitarbeitenden mit?

Nehmen wir die Wäschereien. Die Steuerterminals und alle Angaben müssen sprachunabhängig sein. Denn wir haben viele verschiedene Nationalitäten in den Wäschereien. Da können wir nicht alles einfach auf Deutsch anschreiben. Also müssen wir mit Visualisierungshilfen und einfachen Prozessen in der Digitalisierung arbeiten.

Hier spielt das Thema Fachkräftemangel mit rein und damit die Frage: Wie kann ich diese Form und Struktur von Arbeitsplätzen mit der Digitalisierung in die Zukunft mitnehmen, damit es mit den bestehenden Mitarbeitenden funktioniert und Mensch und Maschine gut zusammen harmonieren?

Wo sehen Sie in Ihrem Unternehmen Potenzial für generative KI?

Das sehe ich vor allem im Volumengeschäft in den Wäschereien. Es gibt schon erste Ansätze, da wird ein Wäschewägelchen aufs Förderband gekippt und die ganze Triage vollautomatisch mit einem Kamerasystem und KI gemacht.

Oder Robotertechnik, um körperlich anspruchsvolle Jobs zu entlasten, beispielsweise beim Auseinanderfalten der Stoffe. Eine KI-Lösung wird hinterlegt, damit der Roboter weiss, was er mit einem Stoff machen muss. Ist das ein Bademantel oder ein Frotteetuch? In welche Waschstrasse gehören die Stücke?

Da sehe ich eine riesige Entlastung fürs Personal und ein Produktivitätsgewinn. Wir werden effizienter, denn ein Roboter arbeitet 24 Stunden. Da sehe ich ein Riesenpotenzial.

Generative KI könnte auch helfen, dass die Mitarbeitenden Anleitungen, Betriebshandbücher und dergleichen in ihrer Sprache nutzen können. Ist das ein Thema für Sie?

Das ist tatsächlich ein Thema, vor allem in der Konfektion respektive im Atelier und teilweise in der Weberei. Wenn wir beispielsweise erklären, dass der Saum zwei Zentimeter breit ist mit einer bestimmten Naht, verstehen nicht alle die Begriffe gleich. Heute haben wir einfach eine Übersetzung aufgehängt mit den wichtigsten Fachausdrücken. Da sehe ich Potenzial für generative KI.

Wir könnten noch weiter gehen, vielleicht mit einer VR-Brille. Sie übersetzt vor der Maschine alle Anleitungen und gibt Anweisungen und Hinweise, was zu tun ist. Der Unterhalt und das routinemässige Sevisieren dieser Anlagen ist ein Riesenthema, vor allem in der Wäscherei. Wenn die Anlagen wegen Bedienungsfehler nicht laufen, haben wir Probleme, entweder in Form von Kosten oder langer Arbeitstage.

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Ohne IT funktioniert auch eine Weberei oder Wäscherei nicht. Wo sehen Sie die Herausforderungen bei der Cybersecurity?

Ich denke, das treibt jedes KMU um. Hier geht es immer darum, was wir selbst machen können in der IT und wo es einen Partner gibt, der unsere Bedürfnisse versteht. Wir arbeiten mit einer Firma, die für den Fall der Fälle auch die Ressourcen und das Know-how hätte, um uns zu unterstützen. Weil Einfallstore gibt es überall, das ist klar.

Vielleicht sind wir nicht per se so attraktiv wie andere, aber das Risiko ist latent und auch bei den Mitarbeitenden selbst. Wir führen auch Schulungen zur Sensibilisierung durch. Aber ich glaube, diese könntest du jeden Tag machen und es würde noch immer jemand etwas auslösen. Unser Ansatz ist deshalb: sensibilisieren, das IT-Know-how auch von aussen holen und das in einer Kombination mit Mitarbeitenden, die mitdenken.

Ihr Unternehmen ist sehr stark in der «analogen», physischen Welt verankert. Was bedeutet diese Welt für Sie?

Was ich gerne mitgebe ist, dass neben der digitalen Welt auch die haptische Welt den Menschen entspricht. Was ist es denn, wenn du in einem Hotelzimmer im Bett liegst? Es ist der Moment, wo du dich geborgen fühlst. Ich glaube, das müssen wir unbedingt wieder schärfen. Wir Menschen haben alle unglaublich schnell Zugang zu dieser haptischen, traditionellen Welt. Das liegt in unserer Firmen-DNA. Meine Botschaft ist, dass wir wieder mehr Wert darauf legen und vielleicht als Gast den Restaurantbesitzer oder Hotelier fragten: «Warum verwenden Sie nicht schöne Tischwäsche aus Textil, was viel nachhaltiger ist (Denn Waschen ist Recycling, während Papier Abfall erzeugt), oder eine weiche Stoffserviette statt eine aus Papier?» Am Schluss hat ja das seinen Preis, was auf dem Teller ist. Weshalb sollte unter dem Teller nicht auch Qualität sein?

Über die Schwob AG

Die Schwob AG entwickelt und produziert seit 1872 in Burgdorf (BE) hochwertige Textilien in der eigenen Weberei für Kunden in der ganzen Welt. Das Familienunternehmen unter der Leitung von CEO und Mitinhaber Stephan Hirt beliefert täglich hunderte von Kunden aus den Bereichen Hotellerie, Gastronomie, Kliniken und Residenzen mit einem Mietwäsche-Vollservice. Die fünf Schwob-Wäschereien und 30 lokale Partnerwäschereien versorgen mit dem einzigartigen Dienstleistungsangebot die Kundenbetriebe als integrierter Bestandteil in einem vielschichtigen Prozess. Die Schwob AG hat beim Prix SVC Espace Mittelland 2025 den dritten Platz erreicht, der von Swisscom gesponsort wird.

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