Internet der Dinge: wie Schweizer Unternehmen IoT einsetzen

Ob Industrie, Logistik oder Energie – das Internet der Dinge verändert Prozesse und Geschäftsmodelle. Eine aktuelle Studie von MSM Research zeigt, wie weit Schweizer Unternehmen sind. Felix Wunderer, IoT-Verantwortlicher bei Swisscom, spricht im Interview über Praxisbeispiele, Trends und Möglichkeiten des Internet of Things (IoT).

01. Oktober 2025, Text: Saskia Wyss, Bild: Swisscom   4 Min.

Wie steht es um das Internet der Dinge in Schweizer Unternehmen?

Eine aktuelle Studie von MSM Research beleuchtet, wie Schweizer Unternehmen das Potenzial des Internet of Things (IoT) einschätzen, wie sie die Technologie einsetzen und vor welchen Herausforderungen sie stehen.

Die wichtigsten Fakten sind hier zusammengefasst: 

  • Einsatz von IoT: 18% der teilgenommenen Unternehmen setzen IoT-Lösungen bereits produktiv ein. Wenig überraschend findet IoT mit 76% am meisten Einsatz in der Supply Chain & Logistik bei der Optimierung von Lieferketten, gefolgt von 34%, die IoT im Kontext der Industrie 4.0 und der Produktionsautomatisierung nutzen. Ebenfalls in diesem Zusammenhang setzen 24% Predictive Maintenance ein.
  • Ziele von IoT-Projekten: Die drei am häufigsten genannten Erwartungen an IoT-Projekte sind mit 50% Nennung die höhere Automatisierung in der Produktion und in Prozessen, mit 47% die Verbesserung der Kundenzufriedenheit oder -bindung und mit 45% die Erschliessung neuer Geschäftsfelder und Innovationen. Ziele wie Kostenreduktion und Effizienzsteigerung bleiben mit 37% Nennung und die Wirtschaftlichkeit mit 34% nach wie vor wichtig.
  • IoT-Technologien: Die drei relevantesten Technologien für IoT-Projekte sind für 47% der befragten Unternehmen die drahtlose Konnektivität, für 39% Identity und Access-Management als Teil der Cybersecurity und für 32% die künstliche Intelligenz.
  • Externe Expertise: Momentan sehen 76% der teilgenommenen Unternehmen in den Bereichen Sicherheit, 68% bei der Datenanalyse und 63% bei strategischen Fragen die Notwendigkeit, auf externe Expertise zurückzugreifen.
     

Was bedeuten diese Entwicklungen für Schweizer Unternehmen und wie lassen sich die Erkenntnisse in der Praxis einordnen? Felix Wunderer, Head of IoT & B2B Mobile bei Swisscom, gibt im Interview Einblicke in aktuelle Trends.

Welche IoT-Trends beschäftigen Schweizer Unternehmen aktuell?

Aktuell sehe ich vier zentrale Trends für Schweizer Unternehmen:
Erstens,
ganzheitliche Cybersecurity: Unter­nehmen müssen Sicherheitskonzepte Ende-zu-Ende, von den Endgeräten über die Übertragungswege bis hin zu IoT-Plattformen, denken und umsetzen. Netzwerk-basierte Lösungen wie zum Beispiel beem helfen Unternehmen, auch im IoT-Kontext Bedrohungen frühzeitig zu erkennen und gezielt abzuwehren. 

Zweitens, künstliche Intelligenz: Gerade die Verbindung von IoT mit künstlicher Intelligenz – oft als AIoT bezeichnet – eröffnet Schweizer Unternehmen neue Möglichkeiten, ihre gesammelten Daten intelligent zu verarbeiten. Machine Learning ist schon länger ein Thema, um zum Beispiel Predictive Maintenance zu realisieren. Die Verschneidung verschiedener Datenquellen unter dem Einsatz von leistungsstarken KI-Modellen ermöglichen präzisere Datenauswertungen sowie Schlussfolgerungen eigenständig zu ziehen und in Handlungen umzusetzen.

Drittens, die Weiterentwicklung des 5G-Standards: Der 5G-Standard entwickelt sich aktuell in Richtung 5G Standalone (5G SA), also einer eigenständigen 5G-Infrastruktur im Kernnetz ohne Abhängigkeit von älteren Netzgenerationen. Neue Übertragungs­technologien wie RedCap (Reduced Capability), sozusagen als Weiterentwicklung von NB-IoT (Narrowband IoT), ermöglichen eine besonders energieeffiziente und ressourcenschonende Datenübertragung. Auch Swisscom wird 5G Standalone einführen und RedCap gezielt für IoT-Szenarien einsetzen.

Viertens, Network-Slicing: Das sogenannte dynamische Network Slicing kommt ebenfalls mit 5G SA und bietet die Möglichkeit, unterschiedliche Qualitätsklassen innerhalb des Netzes zu schaffen. So können Unternehmen beispielsweise Applikationen mit höheren Anforderungen an Bandbreite und Latenz – etwa Business-critical Systeme – individuell priorisieren und absichern. 

Realisieren Sie Ihre IoT-Projekte mit den bewährten IoT-Lösungen von Swisscom, die Sie durch Datenanalysen, IoT-Geräte und Integration in Ihre IT unterstützen.

«IoT kann für Unter­­nehmen ein wichtiger Baustein innerhalb der Digita­li­sie­rungs­strategie sein.»

Felix Wunderer, Head of IoT & B2B Mobile, Swisscom

Warum wird IoT-Sicherheit für Schweizer Unternehmen immer wichtiger?

Die Bedeutung der IoT-Sicherheit nimmt für Schweizer Unternehmen stetig zu, da Cyberangriffe häufiger werden und neue Richtlinien wie NIS-2 strengere Anforderungen an Überwachung und Meldepflichten stellen. Dies trifft insbesondere für Branchen wie Energie, Transport oder generell für kritische Infrastrukturen zu. Ausserdem verlangen mittlerweile viele Endkunden die Erfüllung dieser Regulatorien. 

Technisch gesehen gibt es heute innovative Möglichkeiten, diese Anforderungen zu erfüllen. Swisscom etwa versetzt Unternehmen durch fortschrittliche Lösungen in die Lage, Bedrohungen zunächst zu erkennen und dann zu vermeiden. Zudem sind moderne Cybersecurity-Lösungen für Unternehmen leichter einzusetzen, da sie netzbasiert bereitgestellt werden und Kunden kein erhöhtes Security-Know-how erwerben müssen.

Beispiel: Überwachung des IP-Traffic bei vernetzten Autos oder Wärmepumpen
Autos sind bekanntlich zunehmend vernetzt oder müssen gar im Falle autonomen Fahrens von Ferne unterbrechungsfrei gesteuert werden können. Ein anderes Beispiel sind vernetzte Wärmepumpen, die remote überwacht und geregelt werden. In beiden Fällen kann der IP-Traffic überwacht und analysiert werden und die Cybersecurity-Lösung erkennt in Echtzeit, ob der Datenverkehr wirklich auf die richtige IoT-Plattform und nicht fremd-geleitet wird. Potenzielle Gefahren können sofort bemerkt und entsprechende Alarme ausgelöst werden.

Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz in IoT für Schweizer Unternehmen?

Bei der Verbindung von IoT mit künstlicher Intelligenz fungiert KI als Wegbereiter und Enabler für das Internet der Dinge. Im Kontext von KI und IoT kann Edge Computing wichtig werden. Hierbei wird die Rechenleistung zunehmend dezentral auf IoT-Geräten selbst bereitgestellt, statt zentral in einem Rechenzentrum. 

Das ermöglicht eine schnellere und ressourcenschonendere Datenverarbeitung genau dort, wo die Daten entstehen. Gerade für Anwendungen wie die Bildbearbeitung heisst das: Entscheidungen können nahezu in Echtzeit getroffen werden. KI, IoT und Edge Computing sind also ein vielversprechendes Trio.

Beispiel: Bildbearbeitung im Gleisbau 
Auf einer Gleis-Baustelle können Kameras eingesetzt werden, um die Nähe von Mitarbeitenden zu Gleisen oder Zügen zu überwachen. KI-basierte Systeme erkennen potenziell gefährliche Situationen in Echtzeit, lösen automatisch Alarme aus und können bei entsprechender Vernetzung sogar die Notbremsung eines sich nähernden Zuges veranlassen. So wird nicht nur die Sicherheit deutlich erhöht, sondern auch das Risiko menschlichen Versagens minimiert.

Beispiel: Bildbearbeitung in der Textilproduktion
In der modernen Textilproduktion kommen optische Sensoren zum Einsatz, die Strickmuster in Echtzeit überwachen und justieren. Dies ermöglicht höchste Präzision – ein entscheidender Vorteil für Hochleistungsanwendungen wie die Herstellung von industriellen Geweben für Flugzeuge oder die Raumfahrt.

Wie integrieren Unternehmen IoT erfolgreich in ihre Digitalisierungsstrategie?

Das Internet der Dinge kann für Schweizer Unternehmen ein wichtiger Baustein innerhalb ihrer Digitalisierungsstrategie sein. Für eine sinnvolle Integration in eine Digitalisierungsstrategie muss sich ein Unternehmen immer fragen: Wie sieht der Business Case aus?  Auch bei der Umsetzung darf IoT nicht isoliert betrachtet werden. Immer müssen Prozesse mitgedacht und angepasst sowie die Mitarbeitenden eingearbeitet werden. Ich ermutige Entscheider*innen, sich laufend mit neuen Technologien zu befassen und zu überlegen, welche Möglichkeiten diese für ihr Business bieten sowie für ihre Mitbewerber. 

«18% der teilgenommenen Unternehmen setzen IoT-Lösungen ein.»

MSM Research: Internet of Things in der Schweiz. Studie, September 2025

Sind wir schon auf dem Weg zur Industrie 5.0?

Felix Wunderer thematisiert auch die Weiterentwicklung der Industrie 4.0. Diese Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen – doch die Industrie 5.0 nimmt bereits an Fahrt auf. Während im Rahmen der Industrie 4.0 vor allem die Vernetzung und Automatisierung, also die grundlegenden Voraussetzungen für IoT, im Mittelpunkt stehen, rückt in der Industrie 5.0 die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine, neue technologische Entwicklungen sowie Nachhaltigkeit stärker in den Fokus. 

Besonders der Einsatz von künstlicher Intelligenz gilt hier als Schlüssel für fundiertere Entscheidungen und neue Differenzierungspotenziale. Von diesen können auch weitere Branchen – neben Industrie, Handel und Logistik – profitieren. Für die Automobilindustrie wird sichere IoT eine grundlegend wichtige Rolle spielen, denn bei selbstfahrenden Fahrzeugen muss je nach Landesregulierung der Zugriff auf Daten und Systeme jederzeit gewährleistet sein.

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