Digitale Geschäftsmodelle

Blockchain macht dem OTC-Handel Dampf


Dank Blockchain-Technik soll der komplizierte, fehleranfällige ausserbörsliche Wertpapierhandel einfacher und schneller über die Bühne gehen. Swisscom spielt bei der Entwicklung eine wichtige Rolle.


Text: Urs Binder,




Der ausserbörsliche Handel mit nicht kotierten Wertpapieren (Over the Counter oder kurz OTC-Handel) ist aufwändig, mit Risiken verbunden und nimmt Zeit in Anspruch. Das soll sich ändern: Das «OTC Swiss Blockchain»-Konsortium, gegründet im Herbst 2016, entwickelt unter der Führung des Instituts für Finanzdienstleistungen der Hochschule Luzern (IFZ) einen Standard für den elektronischen OTC-Handel, der stark auf Blockchain-Technologie setzt.


«Swisscom hat einen wesentlichen Teil der Konzept- und Programmierarbeit geleistet», hält Matthias Niklowitz, Analyst beim Digital Banking Think Tank eForesight, fest. «Ein Knackpunkt war die Gewährleistung der Anonymität bei den Transaktionen. Die Blockchain ist ja eigentlich transparent, aber die Identität der Kunden soll im Wertpapierhandel nur einem sehr kleinen Kreis von Berechtigten offenstehen.»


Technik für Vertraulichkeit und Compliance

Es kam deshalb nicht infrage, eine öffentliche Blockchain zu nutzen. Stattdessen arbeitet das Konsortium mit einer privaten Variante der Ethereum-Blockchain. Die Blockchain ist aber nur ein Teil der Lösung: Der gesamte Transaktionsfluss mit allen Dokumenten wird verschlüsselt in einer verteilten Datenbank auf Grundlage des IPFS-Protokolls (InterPlanetary File System) gespeichert. Dazu wurde eine spezielle Verschlüsselungs-Middleware entwickelt.


Für den regulatorisch korrekten Handel muss darüber hinaus gewährleistet sein, dass die Transaktionen nicht manipuliert werden können. Genau dafür ist die Blockchain zuständig: Für jede verschlüsselte IPFS-Datei wird ein Hashwert unveränderbar in der Blockchain festgehalten, zusammen mit einem Attribut, das den Status der Transaktion angibt, von «offen» bis «registriert». Der private Charakter der Blockchain garantiert zusammen mit dem Verschlüsselungsmodul die Vertraulichkeit der Kundenidentität.


Projekt gut auf dem Weg

Das Ziel des Forschungsprojekts ist ein offener Systemstandard für den Schweizer Finanzplatz, der den OTC-Handel mit Schweizer Aktien durch automatischen Transaktionsabgleich vereinfacht und beschleunigt und gleichzeitig den regulatorischen Anforderungen genügt (MiFID II, FinfraG / EMIR). Die Vorstellung geht in Richtung Echtzeithandel: «Clear and settle trades in less than a minute», verkündet das Konsortium auf seiner Website. Ein Prozess, der heute bedeutend länger dauert.


Die technischen Grundlagen stehen laut Matthias Niklowitz. Die Lösung werde nun schrittweise in der Praxis erprobt und verbessert – das sei deshalb gut möglich, weil keine bisherigen Systeme abgelöst werden müssten. Swisscom misst der Blockchain-Technologie generell eine hohe Bedeutung zu, wie Niklowitz betont: «Swisscom sieht die Blockchain-Technologie als ausserordentlich vielversprechend an, das Potenzial ist sehr gross. Mit solchen Projekten bauen wir Erfahrung auf, um künftig eine führende Rolle spielen zu können.»

Handlungs-
empfehlungen für Banken

Was bedeutet die Blockchain-Technologie für die Branche? Im vorliegenden Dokument sind Konsequenzen und Handlungsempfehlungen für Banken zusammengefasst.






Blockchain-Forschung mit Bundesunterstützung


Im «OTC Swiss Blockchain»-Konsortium sind neben Swisscom mit im Boot die Zürcher Kantonalbank, die Banking-Dienstleister SIX Group, Inventx und Incore Bank und ti&m. Die Forschung und Entwicklung erfolgt im Rahmen eines Forschungsprojekts, das von der Kommission für Technologie und Innovation des Bundes (KTI) gefördert wird. Mit der Lösung des Anonymitätsproblems konnte das Konsortium Anfang 2017 einen eigentlichen Durchbruch vermelden.




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