Praxisbeispiel Swiss Re

Warum in die Ferne schweifen? Sieh, die Cloud liegt so nah!


Firmeneigene Rechenzentren sind wenig agil, teuer, wartungsintensiv – und deshalb Auslaufmodelle. An ihre Stelle treten Cloud-Lösungen, die sich rasch und modular an die Bedürfnisse der Kunden anpassen lassen. Infrastruktur und Daten bleiben auf Wunsch in der Schweiz.


Text: Flavian Cajacob, Bilder: Michele Limina, Erschienen in der NZZ Verlagsbeilage vom 9. November 2017




Die schnell fortschreitende Digitalisierung wirkt sich zunehmend auf die IT Strategie von Unternehmen aus. Diese geben schrittweise ihre eigenen Rechenzentren mit Servern auf, die sich mitunter noch in gekühlten Kellerräumen befinden. Stattdessen verlagern sie ihre ganze IT-Infrastruktur samt Applikationen und Daten in sogenannte Clouds. Was auf den ersten Blick unbedeutend erscheint, ist ein grosser Eingriff in die IT-Kultur einer Firma, der mit einem Umdenken bei der Führung und den Mitarbeitenden einhergeht. Wer auf das Cloud-Modellwechsle, bestelle eine vorgefertigte Infrastruktur, bestehend aus Rechenleistung, Speicherkapazität und massgeschneiderten Services, so Marcel Walker, Leiter Network & Cloud bei Swisscom.


Praxisbeispiel Swiss Re

Die Rückversicherungsgesellschaft Swiss Re ist einer der Grosskunden von Swisscom, die konsequent auf externe Cloud- Lösungen setzen. Rainer Lischer ist als Cloud-Manager bei Swiss Re verantwortlich für die reibungslose Implementierung des Cloud-Modells. Der Hauptgrund für die Umstellung ist für die Rückversicherungsgesellschaft die Einführung neuer digitaler Geschäftsmodelle. Gemäss Lischer verspricht sich Swiss Re von der Cloud rascheren Zugang zu digitalen Innovationen, schnellere Markteinführung von Produkten und Dienstleistungen, verbesserte Kosteneffizienz und höhere Flexibilität.

Die konsequente Umstellung auf das Cloud-Modell ermöglicht die digitale Transformation von Swiss Re und ist deshalb Teil der Geschäftsstrategie. Das Cloud-Modell setzt auf Public Cloud und Private Cloud. Das heisst, je nach Anwendungsfall und verfügbarer Cloud-Funktionalität laufen die Applikationen entweder in Private Clouds oder Public Clouds von globalen Anbietern. Eine Private Cloud unterstützt im Gegensatz zu einer Public Cloud kundenspezifische Anforderungen.


«Man muss den Cloud-Konsum aktiv steuern, damit die Kosten nicht aus dem Ruder laufen»


Rainer Lischer, Cloud-Manager bei Swiss Re


Swiss Re erwartet von der Cloud, mehr fürs Geld zu bekommen, als wenn alle ITServices selbst produziert würden. «Aber man muss den Cloud-Konsum aktiv steuern, damit die Kosten nicht aus dem Ruder laufen», erläutert Lischer. Des Weiteren ist es laut ihm nicht wahrscheinlich, dass eine unternehmensinterne Informatik hinsichtlich Sicherheit und Agilität mit den Milliardeninvestitionen der grossen Cloud-Anbieter mithalten kann. Deswegen sind Cloud-Anwendungen mindestens so sicher wie diejenigen, die firmenintern betrieben werden.

Gemäss Lischer ruft ein derartiger Wandel immer Widerstand hervor. «Ich bin aber davon überzeugt, dass das Pendel auf die andere Seite ausschlagen wird. In naher Zukunft wird es Bedenken geben, wenn eine Applikation nicht aus der Cloud kommt. Die Cloud wird zum Standard werden.»


Niedrige Eintrittshürde

Swisscom konnte mit ihrer Private Cloud eine solche Lösung bieten, dass Swiss Re ihre Applikationen unter Einhaltung aller regulatorischen Anforderungen, etwa des Datenschutzgesetzes, in der Cloud betreiben kann. Wichtig in diesem Zusammenhang sei, wie Walker betont, dass die Daten in der Cloud den Kunden gehörten. Swisscom mache kein Geschäft damit. Sie stelle lediglich die Infrastruktur zur Verfügung und habe darüber hinaus keinerlei Einblick in die Inhalte.

Seit gut einem Jahr ist man bei Swiss Re daran, die eigenen Applikationen und Plattformen zu migrieren. Dieser Prozess in die Cloud wird begleitet von einem Governance- und Compliance-Rahmenkonzept, das die entsprechenden Risiken identifiziert und die nötigen Kontrollen sicherstellt. Gemäss Lischer vollzieht Swiss Re diesen Schritt bewusst und mit dem Augenmerk auf rechtlichen, behördlichen und sicherheitsrelevanten Aspekten. Auf der Gegenseite sorgt Swisscom dafür, dass die Prozesse wie vereinbart ablaufen. Um die regulatorischen Vorgaben der Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) für Banken und Versicherungen einzuhalten, lässt sich Swisscom regelmässig durch Dritte auditieren.

Die Einführung des Cloud-Modells ist aus Prozess- und Technologiesicht anspruchsvoll. Allerdings bezeichnet Lischer den Kulturwandel als grösste interne Herausforderung. Das Cloud-Modell stelle einen eigentlichen Paradigmenwechsel in der Frage dar, wie Informatik betrieben werde, zu dessen Umsetzung es viel Überzeugungsarbeit, der Schulung und der richtigen Fähigkeiten bedürfe. Es gehe darum, historisch gewachsene Strukturen aufzuweichen, vertraute Praktiken anzupassen und neue Fertigkeiten, Prozesse und Rollen zu entwickeln.


«Wir müssen immer mit dem rasanten technologischen Wandel Schritt halten.»


Marcel Walker, Leiter Network & Cloud bei Swisscom


Für Swisscom besteht die grösste Herausforderung darin, die Gesamtarchitektur laufend auf dem neusten technischen Stand zu halten, wie Walker sagt. «Wir müssen immer mit dem rasanten technologischen Wandel Schritt halten.» Zudem ist Swisscom bei der Sicherheit permanent gefordert. Und Swiss Re erwartet eine stetige Anpassung an die neuesten Technologien und entsprechende Dienstleistungen. So will der Rückversicherer die eigene Digitalisierungsstrategie vorantreiben und weiter neue Geschäftsmöglichkeiten erschliessen.




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