IoT-Tracker

Ein Tracker für Kuh Krokus


Neuerdings tragen dreizehn Kühe auf der Alp Funtauna einen IoT-Tracker um den Hals. Ein Experiment das zeigt, wie eine Bündner Alp von den Vorteilen des Internet der Dinge profitieren kann.


Text: Ladina Camenisch,




Auf der Alp Funtauna, oberhalb von Chapella im Oberengadin, weiden rund 200 Kühe. Sie geniessen die würzigen alpinen Kräuter und den schönen Bergsommer. Doch das Wetter ist nicht immer so schön wie heute. Manchmal zieht unmittelbar Nebel oder ein heftiges Gewitter auf. Dann wird es für die beiden Hirten schwierig, die Herde im Blick zu halten. Auf der Alp Funtauna tragen deshalb viele Kühe Glocken. Sie helfen, die Tiere wiederzufinden. Seit diesem Sommer haben zudem dreizehn Kühe einen Tracker am Halsband – dank ihnen wird das Auffinden der Kühe noch einfacher.


Ein Experiment in den Bündner Alpen

Andri Marugg ist Bauer in Zuoz und probiert gerne neue Sachen aus. Deshalb war er auch gleich an Bord, als ein Bekannter vorgeschlagen hat, seine Kühe mittels neuster Technologie zu orten. „Ich fand die Idee interessant“, erinnert sich Marugg. „Ob es viel bringt, müssen wir erst noch schauen. Ich sehe es als Experiment.“ Marugg hat 32 Kühe auf der Alp Funtauna. Seit Juli sind knapp die Hälfte mit einem Tracker ausgerüstet. Auf seinem Handy sieht der junge Bauer stets, wo sich die Kühe befinden. Auch der Hirte kann die Kühe so verfolgen – sofern er Mobilfunkempfang hat.


LPN in den Bergen

Doch auf der Alp Funtauna gibt es keinen Empfang. Wer telefonieren will, muss zuerst zehn Minuten den Berg hochsteigen. Für die Lokalisierung der Kühe ist aber ein Datenaustausch über das Internet notwendig. Deshalb hat Swisscom ein Low Power Network (LPN) – ein Netz für das Internet der Dinge – bei der Alp installiert. Auf dem Berg, dort wo es noch eine Mobilfunkverbindung gibt, wird ein sogenannter Gateway installiert. Diese Box ist kleiner als eine Schuhschachtel und wird mit Solarenergie betrieben. Sie nimmt das Mobilfunksignal auf und sendet ein LPN-Signal aus. Die Kuhtracker schicken jede Stunde ein Signal an den Gateway. Dieser leitet die Informationen über das Mobilfunknetz an die Swisscom Server und von dort aus gelangen sie in die Applikation auf dem Handy.



1/7 Blick auf die Alp Funtauna in der Nähe des Scalettapass.

2/7 Baptiste Simon, Solution Designer IoT bei Swisscom prüft die Low Power Network Abdeckung. Leider gibt es auf der Alp keine Verbindung…

3/7 …deswegen muss ein Gateway inkl. Batterien (circa 35 kg) den Berg hinauf transportiert werden.

4/7 Der einzige Ort mit Mobilfunkempfang ist 10 min zu Fuss bergauf. Dafür gibt es diese tolle Aussicht.

5/7 Oben angekommen installiert Christoph Zaugg, Hardware Ingenieur bei adnexo GmbH das Gateway.

6/7 Der Gateway wird mit Solarstrom gespeisst und ist durch eine witterungsbeständige Box geschützt.

7/7 Andri Marugg, Bauer in Zuoz auf der Alp Funtauna, bringt seiner Kuh den IoT-Tracker an.

1/7 Blick auf die Alp Funtauna in der Nähe des Scalettapass.


„Die Tracker haben wir an den Halsbändern der Kühe befestigt“, erklärt Adrian Fuchs, Business Developer Internet der Dinge bei Swisscom. Sie sind ungefähr so gross wie eine Packung Papiertaschentücher und stören die Tiere nicht. „Das Besondere an der LPN-Technologie ist, dass die Geräte mit einer kleinen Batterie über mehrere Jahre ein Signal senden können.“ Diese Technologie ist ideal für Anwendungen, die nur wenig Daten verschicken und gleichzeitig lange Zeit in Betrieb sein müssen. So kann Andri Marugg unten im Dorf auf sein Handy schauen und sieht auf der Karte, wo sich seine Kühe gerade befinden. Wollen die Hirten ebenfalls wissen, wo sich die Kühe aufhalten, müssen sie allerdings zuerst den Berg hochsteigen – bis sie Mobilfunkempfang haben. Denn das Low Power Network sorgt nur für die Datenübermittlung der Tracker, nicht aber für Netzempfang für das Handy.


Sicherheitsgefühl dank Handyempfang

Volle Mobilfunkabdeckung in den Alpen – will man das überhaupt? Andri Marugg ist zweigeteilt: „Ich finde es eigentlich ganz schön, dass ich wenigstens auf der Alp keinen Empfang habe. Ich schau sowieso viel zu viel auf mein Handy.“ Auf der anderen Seite ist eine gute Verbindung gerade auch in den Alpen sehr hilfreich. Nicht nur nützt der Blick auf den Wetterradar beim Heuen, manchmal hilft Mobilfunk auch dabei, ein Tier zu retten. Wie damals, als eine Kuh unterhalb der Keschhütte kalbte. Die Geburt verlief mit Komplikationen. Zum Glück konnte der Hirte mit dem Mobiltelefon den Tierarzt samt Helikopter verständigen. Wenig später wurde das Kalb in der Kabine des Helikopters zur Alp transportiert, die Mutterkuh im Netz. Dort versorgte der Tierarzt die Kuh medizinisch. „Ohne Empfang wäre die Mutterkuh gestorben“, erinnert sich Marugg. Trotzdem will er nicht, dass die Technologie auf seiner Alp überhandnimmt.



Andri Marugg kann am Handy auf der Karte schauen, wo sich seine Kühe gerade befinden.



Die Macht der Natur

Wie es mit den Kuhtrackern weitergehen soll, ist noch nicht klar. „Wir werden das Experiment einen Sommer lang durchführen und dann eine Bilanz ziehen“, meint Fuchs. Gut möglich, dass in Zukunft statt Maruggs Kühe, die Schafe einen Tracker tragen werden. „Schafe sind viel schreckhafter als Kühe“, erklärt der Zuozer. „Bei Gefahr rennen sie in alle Richtungen und sind teilweise kaum mehr zu finden.“ Vor einiger Zeit hat ein Wolf auf der Nachbaralp einige Schafe gerissen. Seither fehlt von fünf Tieren jede Spur. Mithilfe der Tracker könnte man sie einfach lokalisieren.

„Ich sehe die Technologie nur als Unterstützung, niemals als Ersatz für unsere eigenen Fähigkeiten oder unsere Erfahrung“, meint Marugg. Der Tracker kann zwar eine Kuh lokalisieren, aber er sieht nicht, ob sie krank oder verletzt ist. Ausserdem braucht es den täglichen Kontakt mit Menschen, damit die Tiere nicht verwildern. „Letztendlich kann eben doch keine Technik die Verbindung von Mensch und Tier ersetzen.“


LPN Netzwerk


Das Swisscom Low Power Network ist ein komplementäres Netzwerk, das auf dem offenen LoRaWAN Industriestandard LoRa Alliance basiert. Es ist speziell für Internet of Things-Anwendungen geschaffen, die kleine Datenmengen versenden. Es bildet unter anderem die Grundlage für Smart Cities oder energieeffiziente Gebäude. Das Low Power Network von Swisscom versorgt heute bereits über 95 Prozent der Schweizer Bevölkerung. Die Abdeckung kann in Situationen, wie auf der Alp Funtauna, relativ einfach erweitert werden. Weitere Informationen




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