LARS Brillen: selbständig in Vollzeit
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Ohne rosa Brille: Wie Silvia und Simon zu Vollzeitgründern wurden

Aus einer Idee wird zunächst ein Hobby, dann ein Teilzeitprojekt und letztlich ein Start-up: Seit einigen Monaten arbeiten Simon Krähenbühl und Silvia Nadenbousch Vollzeit für ihr Label LARS Brillen. Im Interview sprechen die beiden über ihren Weg in die Selbstständigkeit, über flexible Freizeitgestaltung und warum beim Gründen menschliche Werte genauso wichtig sind wie fachliche Kompetenz.

Simon, du hast LARS Brillen ursprünglich mit zwei Kollegen gegründet. Wie kam diese Idee vor fünf Jahren zustande?

Genau genommen waren wir am Anfang nur zu zweit – ein Kollege aus der Optikerbranche und ich mit meinem Hintergrund in der Produktentwicklung. Ziel war es, ein neuartiges Scharnier für die Brillenbügel zu entwickeln. Eines, das verhindert, dass die Brille auf der Nase verrutscht. Das ist uns auch gelungen. Später kam ein weiterer Kollege dazu, der uns mit seinen Skills im IT-Bereich unterstützte. Eine optimale Zusammensetzung an Know-how, wir haben uns sehr gut ergänzt. Theoretisch.

Woran scheiterte diese Konstellation unter Kollegen?

Simon: Sich zu kennen und fachlich zu ergänzen, ist sicher ein Vorteil. Allerdings ist reine Freundschaft noch lange kein Erfolgsgarant. Letztlich wollten sich die beiden Mitgründer mehr auf ihre Jobs, ihre Familien und ihre Eigenheime konzentrieren, was für mich durchaus verständlich war. Mein Ziel wiederum war es, das Projekt weiter voranzutreiben. Allerdings hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung, wie das überhaupt funktionieren sollte.

Das hätte ich gerne übers Gründersein gewusst, bevor ich mich selbstständig gemacht habe:

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Wie setzt sich denn ein optimales Gründerteam zusammen?

Silvia: Wichtig ist das Vertrauen ins Gegenüber. Es geht um eine gemeinsame Wertebasis, um eine gemeinsame persönliche und unternehmerische Haltung. Man muss offen miteinander kommunizieren können, aber auch Druck und Stress gemeinsam aushalten können.

Simon: Wichtig ist, offen und transparent miteinander umzugehen. Jedes Problem, das auf menschlicher Ebene nicht gelöst ist, führt irgendwann zu einem Problem im Unternehmen.

Wie genau hat eure Zusammenarbeit angefangen?

Silvia: Ich arbeitete in der Marketingkommunikation eines grossen Unternehmens und hatte Lust auf etwas Neues. Also habe ich meinen Job ins Blaue gekündigt, um herauszufinden, wohin ich mich beruflich entwickeln möchte. Zwar spürte ich dieses Unternehmerinnen-Gen in mir, hatte aber noch keine konkreten Ideen. Während der mehrmonatigen Auszeit bin ich viel gereist und habe nebenbei Freelance-Jobs erledigt. Simon und ich sind uns in der Berner Start-up-Szene begegnet, so kamen wir ins Gespräch.

Simon: Mir war klar, dass ich mit LARS keine One-Man-Show durchziehen wollte, deshalb suchte ich Unterstützung. Denn um etwas zu erreichen, braucht man ein gutes Team. Also habe ich diverse Start-up-Programme durchlaufen, wichtige Kontakte geknüpft und wurde dabei mit Silvia vernetzt.

Aber auch du, Simon, hast dir im Verlauf der letzten Jahre eine Auszeit genommen. Warum?

Aus ähnlichen Gründen wie Silvia, denn wenn du Vollzeit arbeitest, fehlt dir immer die Zeit für dein persönliches Projekt. Du denkst ständig an die eigene Idee, kommst aber irgendwie nicht weiter. Also habe auch ich gekündigt und etwa ein Jahr lang zum einen als Langlauflehrer in den Bergen, zum anderen als Barkeeper in der Stadt gearbeitet und nebenbei mein Brillenprojekt vorangetrieben. Danach habe ich nochmals einige Monate Teilzeit gearbeitet, bis der Entscheid reif war, voll auf LARS zu setzen.

Von meinem letzten Job in Festanstellung vermisse ich am meisten:


Silvia, was hat dich an Simon und seiner Idee beeindruckt?

Silvia: Das Design und der Swiss-made-Aspekt haben mich überzeugt. Auch seine Wertehaltung und seine Demut haben mir entsprochen. Zudem hatten wir beide keine gemeinsame Vorgeschichte und konnten die Basis unserer Zusammenarbeit unvoreingenommen legen. Dass Simon bereits einige Erfahrungen mitbrachte, war sicher ein Vorteil. Er wusste, welche Themen und Fragen eine Gründung mit sich bringt, und war von Anfang an transparent.

Simon: Ich suchte jemanden, der mir in Marketing- und Kommunikationsfragen hilft. Also hat Silvia für mich Flyer gestaltet und ähnliche Arbeiten erledigt. Mit der Zeit spürte ich förmlich, wie sie Feuer fing und fast noch überzeugter vom Projekt war als ich. So wurde aus der anfangs praktisch unentgeltlich arbeitenden Unterstützerin allmählich eine Gründungspartnerin.

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Eine Partnerin, die in dein laufendes Projekt einsteigt, deine Entscheide hinterfragt und mitbestimmt. Bringt das nicht Konfliktpotenzial mit sich?

Simon: Nicht unbedingt, ich hatte ja aktiv danach gesucht. Zudem bin ich ein Teamplayer, der weiss, dass Ideen durch den Austausch mit anderen Menschen besser werden und wachsen können. In einem Start-up musst du ausserdem viele Sachen parallel erledigen, das schaffst du alleine kaum. Wenn man sich aufeinander verlassen kann, fällt alles leichter.

Silvia: Wenn Simon nicht wirklich möchte, dass ich mitgestalte, wäre ich die falsche Person. Zu Beginn war ich vielleicht noch etwas zurückhaltend, wenn es darum ging, seine Pläne kritisch zu hinterfragen. Aber inzwischen ist klar, dass LARS unser gemeinsames Ding ist.

Wann ist der ideale Zeitpunkt, um zu hundert Prozent bei einem Projekt einzusteigen?

Simon: Angestellt zu sein, gibt einem eine finanzielle Sicherheit. Deshalb wollte ich zuerst herausfinden, ob LARS wirklich auch Potential hat, bevor ich mich in das Abenteuer als Vollzeitprojekt wagte. Zudem bin ich jemand, der bei allem, was er tut, vollen Einsatz geben und Resultate sehen möchte. In einem grösseren Konzern sind die Wege lang und die Prozesse oft mühsam. In einem Start-up kommst du viel direkter vorwärts – trägst aber auch die gesamte Verantwortung.

Silvia: Bei mir war es eine Herzensangelegenheit. Es war die Neugier, die mich zu diesem Schritt bewogen hat. Klar, wer die finanzielle Absicherung priorisiert, macht diesen Schritt vielleicht nicht. Mein Drang, etwas Eigenes auszuprobieren, war aber stärker.

Am meisten unterschätzt habe ich an der Selbstständigkeit:


Infopaket für Gründerinnen und Gründer

«Bei einer Gründung gibt es einiges zu regeln und zu organisieren. Holen Sie sich Unterstützung, es gibt viele Firmen mit Beratungen und Spezialangeboten für Start-ups. So verlieren Sie weniger Zeit im administrativen Dschungel und können sich voll auf Ihre Geschäftsidee konzentrieren. Swisscom StartUp unterstützt Neugründer seit über zehn Jahren bei der Wahl der richtigen Kommunikations- und IT-Lösung. Im neuen Infopaket auf unserer Website haben wir Artikel zusammengestellt, die Ihnen den Einstieg in die Selbstständigkeit erleichtern.»

Carmen Vigo, Teamleiterin StartUp-Beratungsteam Swisscom

Wie wichtig ist es, hin und wieder auf professionellen, externen Rat zurückzugreifen?

Simon: Externe Stellen, geführte Programme und Beratungen sind sehr wichtig. Man muss nicht alles selber machen, es gibt Fachpersonen, die in vielen Bereichen hilfreich sind. Aber letztlich musst du für dich alleine entscheiden. Und da ist der Austausch mit anderen Gründerinnen und Gründern oft noch ergiebiger.

Silvia: Wir haben unser Büro im Bernapark in Deisswil. Hier wimmelt es von Jungunternehmern und Start-ups. Da gibt es immer jemanden, der dir Tipps geben kann. Die Start-up-Szene ist sehr divers, und doch haben alle ähnliche Herausforderungen. Wir alle können in irgendeiner Form voneinander profitieren. Zum Beispiel, wenn es darum geht, juristische Dinge zu klären, die Marktbearbeitungsstrategie zu definieren oder Investoren zu finden.

Wer in sein Unternehmen investiert, verzichtet meist auf Dinge wie Ferien oder neue Kleider. Wie schwer fällt euch dieser Verzicht?

Silvia: Viele Anschaffungen sind oft gar nicht nötig, Konsumverzicht kann auch befreiend sein. Ferien im Ausland waren im letzten Jahr ohnehin kaum möglich. Du lernst, mit einem kleineren Budget umzugehen. Es gibt genug Möglichkeiten, seine Ausgaben zu reduzieren.

Simon: Wichtig ist aber auch, dass man sich hin und wieder durchaus etwas gönnt – ein feines Essen oder einen Ausflug. Ich habe gelernt, auch kleine Dinge mehr zu schätzen und dankbar zu sein. Denn unterm Strich fehlt es uns an nichts.

Was würde dein Umfeld sagen: Wo hast du dich in der Selbstständigkeit am meisten verändert?


Wie sieht es mit der Freizeit aus? Wer ein Start-up zum Fliegen bringen möchte, sollte doch stets am Ball bleiben…

Simon: Pausen sind sehr wichtig. Du kannst einen Marathon nicht im Sprinttempo durchstehen. Entscheidend ist, dass man Erholungsphasen, Sport und Zeit für sich bewusst einplant und Energie tanken kann, raus in die Natur geht oder mindestens am Sonntag nichts fürs Geschäft erledigt.

Silvia: Im Unterschied zu einer Anstellung können wir unsere Zeit flexibler einteilen – unsere Arbeit ist nicht an einen Wochentag oder eine Tageszeit geknüpft. Wenn unter der Woche die Sonne scheint, steige ich spontan aufs Rennvelo. Und hole die Arbeit am verregneten Wochenende nach.

Was ist wichtig für Gründerinnen und Gründer, die den Schritt von Teilzeit zu Vollzeit wagen möchten?

Silvia: Das Wichtigste ist die innere Überzeugung, das Bauchgefühl, es wagen zu wollen. Und das Vertrauen in die Idee, ins Team und in sich selbst. Ein intaktes Umfeld gibt zusätzliche Stabilität. Wir haben beide verständnisvolle Partner, die uns in unserem Vorhaben unterstützen.  

Simon: Ins kalte Wasser zu springen, ist immer ein Risiko. Aber man bekommt dadurch auch die Chance, sich jeden Tag und mit einem frischen Kopf mit seinen Ideen zu befassen. Du lieferst nicht für andere, sondern für dich. Klar, schlaflose Nächte gehören auch dazu. Aber ein gewisser Druck kann durchaus beflügelnd wirken.

LARS Brillen

Die LARS Brillen werden vollumfänglich in der Schweiz entwickelt, designt und mittels 3-D-Druck produziert. Industriedesigner Simon Krähenbühl und die Betriebswirtschafterin und Marketing-/Kommunikationsspezialistin Silvia Nadenbousch setzen dabei auf eigens dafür entwickelte Scharniere: So bestehen die Brillen aus einer Front, zwei Bügeln und vier Stiften. Die Bügel lassen sich mit etwas Druck nach innen knicken, bleiben aber fixiert, wenn die Brille auf der Nase sitzt. LARS Brillen gibt’s in verschiedenen Modellen und auch als Sonnenbrille.

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