Mit vernetzten Wärmezählern macht NeoVac den Sprung von der jährlichen Nebenkostenabrechnung zum permanenten Energie-Monitoring. Und bereitet nebenbei den Weg für weitere IoT-Anwendungen im Smart-Building-Markt.
15. April 2019, Text: Christoph Widmer, Bilder: Daniel Brühlmann, © Neovac, Video: TinCan Motion 6 Min.
Nebenkostenabrechnungen sind für Mieter oft noch immer ein notwendiges Übel. Heizungsableser benötigen Zugang zur Wohnung, also verharren Mieter entweder zuhause – oder die Nachbarn bewahren den Wohnungsschlüssel auf. Doch auch für den Heizungsableser ist es ein mühseliges Unterfangen: Mit Klemmbrett und Stift ausgerüstet, bleibt ihm nichts anderes übrig, als mühsam von Wohnung zu Wohnung zu trotten und die Messwerte von jedem Zähler abzulesen und zu notieren. Und das in unzähligen Liegenschaften. Eine regelrechte Ochsentour.
Ablesung damals: Die Erfassung der Daten erfolgte bis Mitte der 1990er Jahre direkt vor Ort am jeweiligen Zähler mit Ablesebelegen. Planung und Ausführung der Arbeiten dauerten mehrere Monate.
Wenn es darum geht, den Wärme- und Wasserverbrauch in Wohnungen und Häusern effizient zu erfassen, ging der Gebäudespezialist NeoVac seit jeher mit der Zeit. Auf das manuelle Auslesen der Wasser- und Wärmezähler mit Stift und Papier folgten zuerst geschlossene Funksysteme, mit denen die Zählerstände endlich zentralisiert im Gebäude ausgelesen werden konnten. Doch auch das ist bereits Vergangenheit. Für die jährliche Nebenkostenabrechnung – eine Hauptaufgabe der NeoVac Gruppe mit Sitz im St. Gallischen Oberriet – setzt das Unternehmen nun auf ein deutlich innovativeres Mittel: eine IoT-basierte Lösung.
Die Zukunft des Gebäudespezialisten NeoVac hört nicht beim vernetzten Energie-Monitoring auf. Im Video verrät CEO Patrick Lanter seine Vision vom IoT-Ecosystem.
Denn, über die Jahre sind die Anforderungen an moderne, energieeffiziente Gebäude gewachsen. Nachhaltige Bauten müssen heute ein Energie-Monitoring aufweisen, mit dem der Wasser- und Stromverbrauch weiter gesenkt werden kann. «Wir sahen darin eine grosse Chance», erklärt Patrik Lanter, CEO der NeoVac Gruppe. «Unsere Messgeräte kommen schon in vielen Gebäuden zum Einsatz. Daher wussten wir: Wenn wir die Daten nicht nur jährlich für die Nebenkostenabrechnung, sondern öfters erhalten und auswerten, könnten wir dieses Energie-Monitoring gewährleisten.»
Patrik Lanter, CEO der NeoVac Gruppe, bringt als Vordenker neue IoT-Ökosysteme für Smart Buildings voran.
Eine regelmässige Übertragung der Daten über das eigene, geschlossene Funksystem wäre aber zu energieintensiv gewesen – weshalb NeoVac aufs Internet der Dinge und das Low Power Network (LPN) von Swisscom setzt. Das auf LoRaWAN-Technologie basierende Netz erlaubt den Messgeräten, kleine Datenmengen mit nur wenig Batterieverbrauch in kurzen Zeitintervallen zu übermitteln. NeoVac entwickelt dazu nicht nur IoT-fähige Wärmezähler, sondern übernimmt gleichzeitig auch die Installation der Swisscom-LPN-Gateways in den Gebäuden – und sorgt so für eine Verstärkung des Netzes im Innenbereich von Gebäuden. In drei Gebäuden kommt die Technologie bereits zum Einsatz. Schrittweise soll der ganze Gerätebestand aufgerüstet werden. Somit sollen künftig die Daten von 400'000 Objekten (hauptsächlich Wohnungen) fortlaufend über das Internet der Dinge gesammelt werden.
Die Erweiterung des Swisscom LPN-Netzes ins Gebäudeinnere, die NeoVac mit der Installation der Gateways vollzieht, ist ein mehr als sinnvolles Investment: Das LoRaWAN in Gebäuden bildet nun die Basis, um auch IoT-Services anderer Dienstleister ins Netzwerk einzubinden. So schafft NeoVac die Grundlage für IoT-Ökosysteme, die ein intelligentes Gebäudemanagement überhaupt erst ermöglichen. Davon ist Patrik Lanter überzeugt: «In der IoT-Welt geht schnell vergessen, dass jedes neu eingebundene Gerät wieder Unterhalt und Support benötigt – egal, ob es sich um eine Kaffeemaschine, eine Audioanlage oder um einen Wärmezähler handelt», erklärt er. «Deshalb kann ein Smart Building nie von einer Firma alleine gestemmt werden.»
Ablesung heute: Der IoT-basierte Kompaktwärmezähler sendet viertelstündlich die aktuellen Messwerte über das Swisscom-LPN-Netz in das Rechenzentrum.
Lösungen wie die neu entwickelte myNeoVac-App, mit der Endnutzer eine Übersicht ihres Energieverbrauchs abrufen können, sollen deshalb nicht nur als proprietäre Anwendung funktionieren; sie werden auch als Mikro-App in Plattformen integriert. Eine davon ist «Allthings»: Die modulare Software deckt dank verschiedenen Partnerschaften Services wie Parkplatzsuche, Zugangskontrolle oder Gästezimmerbuchungen ab. Auf Grundlage von Allthings lassen sich Applikationen für Immobilienprojekte entwickeln, die Mietern, Eigentümern und Verwaltungen ein weitreichendes Gebäudemanagement ermöglichen. Ein vielversprechendes Geschäftsmodell: «Viele Smart-Building-Projekte sind theoretisch schon seit längerem möglich – scheiterten aber meist an der komplizierten Handhabung», erklärt Lanter. «Lösungen schaffen erst dann den Durchbruch, wenn sie einfach zu handhaben sind. Genau das gelingt solchen übergeordneten Plattformen – weshalb auch wir darauf vertreten sein wollen.»
Ablesung heute: Der IoT-basierte Kompaktwärmezähler sendet viertelstündlich die aktuellen Messwerte über das Swisscom-LPN-Netz in das Rechenzentrum.
Dank dem Internet der Dinge wird NeoVac aber auch seine Kernkompetenzen weiter ausbauen. Denkbar seien etwa die Überwachung der Luftqualität oder – um Legionellen vorzubeugen – der Wassertemperatur. Partnerschaften mit Meteo-Unternehmen könnten den Energieverbrauch in Gebäuden weiter senken, wenn etwa erkannt wird, dass Räume trotz hoher Aussentemperatur oder Sonneneinstrahlung unnötig beheizt werden.
Zwar stelle das Management der Daten wie auch die Entwicklung der App neue Anforderungen an die IT – jener Bereich der NeoVac-Gruppe, der über die letzten Jahre am stärksten gewachsen ist. Dennoch sieht CEO Patrik Lanter die Zukunft der Firma in diesem neuen Service-Angebot: «In zehn Jahren sind wir nicht mehr bloss Dienstleister für jährliche Kostenabrechnungen, sondern auch ein etablierter Partner für Energiemonitoring und Entwickler von Applikationen, mit denen Nutzer für den Energieverbrauch sensibilisiert werden.»