Internet der Dinge für Smart Buildings

Wenn das Flachdach selbst Löcher findet

Die IoT-Lösung «Orkanet» von siworks überwacht Flachdächer und schlägt bei einem Leck Alarm. Projektleiter Jonas Uebelhart ist überzeugt: Intelligente Flachdächer sind erst der Anfang im Smart Building.

Text: Jörg Rothweiler, Bilder: Herbert Zimmermann, Video: TinCan Motion, 16. Mai 2019

Jonas Uebelhart ist kein Digital Nerd, schätzt aber die Möglichkeiten der Digitalisierung und nutzt diese gezielt – zum Vorteil der Kunden und zugunsten des wirtschaftlichen Erfolgs. Ein Hauptaugenmerk legt der gelernte Bauzeichner, der nach der Matura in Horw den Bachelor of Science in Wirtschaftsingenieurwesen / Innovation erwarb, dabei auf die IoT-basierte Gebäudesensorik.

Schlaue Autos, stumme Häuser

«Heute sind Autos schlauer als Gebäude», sagt er. «Selbst in Kleinwagen überwachen zahlreiche Sensoren unzählige Parameter und schlagen Alarm, wenn technische Schäden drohen oder die Betriebssicherheit gefährdet ist. Etwa, weil ein Reifen Druck verliert. Gebäude hingegen sind bislang quasi eine Blackbox. Wir haben keine Einblicke in die innere Struktur, wissen nahezu nichts über den Zustand eines Gebäudes. Daher werden Schäden in aller Regel erst bemerkt, wenn sie eminent sind – und dann wird es teuer», sagt Jonas Uebelhart, der 2016 nach dem Studium als Projektleiter zum Gebäudesensorik-Spezialisten siworks kam. Dort ist er für «Orkanet», die intelligente Flachdachüberwachung, verantwortlich.

Kundenwunsch und Eigeninitiative

Orkanet basiert auf einem Kundenbedürfnis. «2015 suchte ein Kunde ein System zur dauerhaften Überwachung des Zustands seiner Immobilie», erzählt Jonas Uebelhart. «Da es dafür noch keine Lösung gab, lancierte siworks eine Eigenentwicklung. Die funktionierte, war aber kabelgebunden und aufwändig zu installieren.» Jonas Uebelhart war überzeugt: Das muss besser gehen! Als er Ende 2016 vom Low Power Network, dem LoRaWAN-basierten Netz für das Internet der Dinge von Swisscom erfuhr, war er begeistert. Schon Anfang 2017 durchliefen er und seine Kollegen vom Orkanet-Team die IoT-Bootcamps, dann ging es Schlag auf Schlag, erzählt er. Gemeinsam mit einem Schweizer Spezialisten wurden neue IoT-Sensoren und eine Webapplikation entwickelt, über welche die Nutzer die Messwerte jederzeit einsehen und ihre Projekte verwalten können. Im Frühsommer 2018 erreichte «Orkanet» die Serienreife. Seither wurden landesweit mehrere dutzende Systeme installiert ­– auch auf dem Flachdach des höchsten Holzhochhauses der Schweiz, am Westende des «Suurstoffi»-Areals in Rotkreuz.

Jonas Uebelhart: „Die permanente Zustandsanalyse der Gebäudestruktur wird uns helfen, das „System“ Flachdach besser zu verstehen.“  

Ohne Strom und Internetanbindung

«Orkanet» besteht einerseits aus einem entlang der Dachkanten verlegten Ringleitungskabel sowie einem schlangenförmig verlegten zweiten Kabel in der Dachkonstruktion. Dringt Wasser ins Dach ein, fliesst Strom zwischen diesen beiden Potenzialkabeln – und löst einen Alarm aus. Andrerseits werden in Dachdurchgriffen, die an kleine Kamine erinnern, Sensorboxen auf der Dachfläche platziert. Sie messen kontinuierlich Temperatur, Feuchtigkeit und Wasserstand, übermitteln die Werte über das Swisscom-LPN (Low Power Network) ans System – autonom, ohne Strom- oder Internetanschluss. Wird ein Schwellenwert über- oder unterschritten, schlägt das System Alarm und der Eigentümer respektive der Dachdecker können schnell und adäquat reagieren. «Sie wissen, was das Problem ist, können es zudem räumlich eingrenzen und damit schnell beheben. Noch ehe das Dämmmaterial oder gar die Deckenstruktur durchnässt werden», sagt Jonas Uebelhart. «Das spart Geld und schont die Umwelt. Denn durchnässte Dämmstoffe sind teils Sondermüll.»

Über das Webportal führt Uebelhart einen Systemcheck durch.  

Immer bessere Flachdächer bauen

Zusätzlich zu den unmittelbaren Vorteilen für Immobilienbesitzer steckt in Orkanet erhebliches Potenzial für die Entwicklung immer besserer Flachdächer. «Die permanente Zustandsanalyse der Gebäudestruktur wird uns helfen, das «System» Flachdach besser zu verstehen. Langfristig erhoffen wir uns davon neue Möglichkeiten für Predictive Maintenance sowie wertvolle Erkenntnisse für die Entwicklung optimierter Dachkonstruktionen und neuartiger Baumaterialien», sagt Jonas Uebelhart.

 

Zudem sollen in absehbarer Zukunft weitere, teils bereits fertig entwickelte IoT-Gebäudesensoren, beispielsweise zur Raumklimaüberwachung, immer umfassendere Einblicke in die Struktur und die Hülle von Gebäuden ermöglichen. «In wenigen Jahren werden Häuser ebenso «intelligent» sein wie Autos. Das wird dazu beitragen, immer bessere Produkte herzustellen und Service- sowie Unterhaltsarbeiten faktenbasiert und vorausschauend zu planen», ist Jonas Uebelhart überzeugt.

Die Sensorboxen messen kontinuierlich Temperatur, Feuchtigkeit und Wasserstand.

Die IoT-Flachdachüberwachung «Orkanet»

  • Aktive IoT-Lösung zur permanenten und redundanten Zustandsanalyse von Flachdächern und Dachterrassen mittels flächendeckender und punktueller Messverfahren
  • Nachrüstmöglichkeit «Orkanet Light» für bestehende Flachdächer
  • Sichere Kommunikation und Datenübertragung über das Low Power Network unter Nutzung der Connectivity Management Plattform aus dem Swisscom Enterprise IoT Portfolio
  • Bis zu fünf Jahre Batterielaufzeit; einfacher Batteriewechsel
  • Kontinuierliche Datenübermittlung und -auswertung
  • Webapplikation mit benutzerfreundlichem Dashboard

Die Siworks AG

  • Gründungsjahr: 2010
  • Firmengrösse: 21 Mitarbeitende
  • Struktur: Aktiengesellschaft, bestehend aus den drei Firmen siworks AG, siworks products GmbH und siworks immo AG
  • Produkte: Engineering-Dienstleistungen, Brandschutzsysteme und Gebäudesensorik; Immo-Entwicklung, Seminare und Digitalisierung im Bau; Produktion elektromechanischer Komponenten und Apparate, Logistik
  • www.orkanet.ch

Swisscom Indoor Connectivity

Die Vernetzung von Geräten im Gebäudeinnern ist kein leichtes Unterfangen: Dicke Wände, abschirmende Materialien wie Beton und Stahl oder tiefe Einsatzgebiete erschweren die Übertragung von Funksignalen. Geschlossene Systeme schaffen zwar Abhilfe, doch lassen sich Geräte anderer IoT-Dienstleister nur schwer ins Netzwerk einbinden. Und auch die externe Stromversorgung der Sensoren ist nicht überall gewährleistet; Geräte mit möglichst langer Batterielaufzeit sind dann ein Muss.

 

Neue IoT-Zugangstechnologien von Swisscom wie das Low Power Network (LPN) oder der erweiterte Mobilfunkstandard NarrowBand-IoT, der IoT-spezifische Anforderungen wie hohe Netzunabhängigkeit, hohe Verfügbarkeit und Sicherheit erfüllt, sind ideal für die Datenübertragung innerhalb von Gebäuden. Dank schmaler Bandbreite und hoher Reichweite werden Daten energiesparend und zuverlässig übermittelt – egal, wo sich die Sensoren befinden. Mit LPN und NarrowBand-IoT realisiert Swisscom den nationalen Ausbau für IoT – und etabliert einen Standard für unzählige neue IoT-Ökosysteme und digitale Anwendungen.

 

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