Martin Kaufmann, CEO Meier Tobler AG, über IoT

«Scheitern ist Teil des Plans»


Die Meier Tobler AG nutzt IoT-Technologie für ein völlig neues Geschäftsmodell. CEO Martin Kaufmann über den herausfordernden Weg zur Digitalisierung und warum es ohne Leidenschaft nicht geht.


Text: Hansjörg Honegger, Bilder: Luca Zanier




Die Meier Tobler  AG setzt auf IoT, sie schliessen neue Heizungen standardmässig ans Internet an und setzen auf künstliche Intelligenz bei der Fehlersuche. Fühlen Sie sich als Pionier?


Nein. Startups sind Pioniere. Wir sind nicht mal First Mover. Aber es stimmt schon: Wir haben ein konkretes Digitalisierungsprojekt umgesetzt. Dies im Gegensatz zu anderen, die zwar pausenlos von der Digitalisierung reden, aber nicht viel tun. Darauf sind wir stolz.



In Ihrer Branche dürften Sie aber schon ein Vorreiter sein.


Heizungs-Apps gibt’s ja schon länger. Aber wir wollten unseren Kunden keine App verkaufen, sondern einen sinnvollen Service anbieten. Unsere Kunden haben keinen Aufwand mehr mit ihrer Heizung, wir räumen diese Probleme aus dem Weg – im besten Fall, ohne dass der Heizungsnutzer das überhaupt merkt.



Bequemlichkeit für den Kunden war ein wichtiger Treiber?


Genau. Es geht nicht um Digitalisierung oder um Technologie. Es muss uns gelingen, Kundennutzen zu generieren.


«Es geht nicht um Digitalisierung oder um Technologie. Es muss uns gelingen, Kundennutzen zu generieren.»


Für die Umsetzung eines solchen Projektes braucht es viel Leidenschaft.


Absolut. In unserem Falls ist das unser Serviceleiter, der mit einer riesigen Leidenschaft hinter dem Projekt steht.



Aber es braucht auch in der Geschäftsleitung und sogar im Verwaltungsrat eine gehörige Portion Leidenschaft.

Warum?


Wer so ein Projekt mit einem Business-Plan oder einer reinen ROI-Rechnung angeht, macht am Schluss nichts, weil die Unsicherheit zu gross ist. Wir mussten unser Projekt etwa dreimal über den Haufen werfen, weil sich die technische Ausgangslage komplett veränderte.



Naja, der ROI muss letztlich aber schon stimmen.


Nein, der ist gerade bei diesem Projekt so schlecht, dass wir es gar nicht machen dürften. Aber ich bin total davon überzeugt, dass wir auf die Zukunft setzen. Unser Projekt Smart-Guard in Kombination mit der Swisscom IoT Cloud bietet einen wegweisenden Service.



Martin Kaufmann, CEO Meier Tobler AG



Bleibt das Projekt ein einsamer Leuchtturm oder geht ein Digitalisierungs-Ruck durch die Firma?


Das Smart-Guard-Projekt hat etwas ausgelöst. Wir befassen uns jetzt sehr intensiv mit der Digitalisierung. Im Moment ganz besonders, da eine Fusion mit der Firma Tobler ansteht. Wir arbeiten aktuell an unterschiedlichen Fragestellungen: Wie können Produkte und Dienstleistungen dank der Digitalisierung verbessert oder geschaffen werden? Und: Wie digitalisiert man Geschäftsprozesse optimal?



Gab es ein bestimmtes Ereignis, das Ihnen die Wichtigkeit der Digitalisierung demonstrierte?


Wir stellten 2001 als erste Firma der Schweiz von Papierrapport auf elektronischen Rapport um. Das war extrem einschneidend.



Also doch: Eine Pionierfirma.


(lacht) Ja, stimmt, darauf waren wir damals sehr stolz. Wir verarbeiteten 150'000 Rapporte von Hand, mit mehreren Medienbrüchen. Allein die Blöcke für die Rapporte kosteten im Jahr 100'000 Franken. Heute ist die Herausforderung aber, die technischen Möglichkeiten in echte Dienstleistungen für unsere Kunden umzuwandeln.



Warum tun Sie sich damit so schwer?


Wir lieben komplizierte Technik! Aber bei Produkten und Dienstleistungen geht es letztlich vor allem um einfache, verständlich Angebote. Diese Hausaufgaben packen wir heute in interdisziplinären Teams an, die Lösungen entwickeln und auch mal einen Reinfall produzieren dürfen.



Scheitern ist kein Makel?


Nein, überhaupt nicht. Die Entwicklung ist schnell, man muss anpassungsfähig sein. Dass mal was in die Hosen geht, ist völlig normal.



Das passierte auch im Smart-Guard-Projekt. Gab es Momente, in denen Sie das Projekt am liebsten versenkt hätten?


Nein, man muss Stehvermögen zeigen und sehr flexibel bleiben. Wir tun uns schwer mit dem Gedanken «Never look back», da wir das nicht so gelernt haben. Aber es geht heute nicht anders.



Martin Kaufmann im Interview


Ingenieure sind es gewohnt, in sauberen Projekten mit klaren Meilensteinen zu arbeiten. Das ist in diesem Umfeld schwierig geworden.


Ja, das ist tatsächlich nicht ganz einfach. Aber man muss in gewissen Momenten den Mut haben, diese Prinzipien über den Haufen zu werfen. Wie Sie gesagt haben: Man muss auch mal Pionier sein.



Die Frage ist: Wo investieren und wo eher nicht? Wie informieren Sie sich, damit Sie die richtigen Entscheidungen treffen können?


Ich verlasse mich in technischer Hinsicht sehr stark auf meine Experten. Mein IT-Chef oder auch der Serviceleiter beispielsweise sind extrem gut informiert. Meine Aufgabe ist, die neuen Möglichkeiten in einen Business-Case umzusetzen. Es gibt viele tolle technische Lösungen, aber nur mit den wenigsten lässt sich langfristig effektiv Geld verdienen.



Ihre neue Lösung Smart-Guard verlangt nach völlig neuen Berufsbildern. Wie finden Sie die entsprechenden Fachleute?


Wir brauchen Ferndiagnostiker, die wir selbst ausbilden. Das muss ja ein Wärmepumpen-Spezialist sein. Ausserdem brauchen wir Leute, die Informatiklandschaften überwachen. Hier ziehen wir junge IT-Leute nach. Die dritte Berufsgruppe ist eher schwierig. Wir bieten Predictive Maintenance an und dazu brauchen wir Datenanalysten mit Fachkenntnissen über Wärmepumpen. Der Kampf um diese Spezialisten wird hart werden.


«Wir sind eine Schweizer Firma und wollen mit Schweizer Partnern arbeiten, das gehört einfach zu uns.»


Die neue Lösung wird von Swisscom umgesetzt. Wie kamen Sie ausgerechnet auf diesen Anbieter?


Swisscom ist ein langjähriger Partner von uns. Wir setzten schon die bereits beschriebene Rapport-Lösung mit Swisscom um. Wir sind eine Schweizer Firma und wollen mit Schweizer Partnern arbeiten, das gehört einfach zu uns. Natürlich hat uns auch die Lösung überzeugt.



Wie geht die Digitalisierungs-Reise jetzt weiter?


Wir haben klare Ambitionen formuliert: Wir wollen die Digitalisierung in unserer Branche vorantreiben. Das Problem ist heute, dass niemand die Energieeffizienz im Gebäude im Griff hat. Dieses Problem lösen wir mit Smart-Guard. Ich bin überzeugt davon: Wenn alle Heizungen in der Schweiz optimal eingestellt wären, könnte man 20 Prozent Energie sparen.



Martin Kaufmann im Interview



Die Digitalisierung im Haus ist nicht nur für Heizungsfirmen ein Thema. Gibt es eine Zusammenarbeit mit anderen Anbietern?


Eine der grossen Herausforderungen bei der Gebäudetechnik sind fehlende Standards. Es gibt eine Initiative namhafter Schweizer Firmen wie V-Zug, ABB, Schindler und Meier Tobler, mit der man dieses Problem anpackt.



Sie sprechen von Smart Homes, bis hin zur Unterhaltungselektronik. Liebäugeln Sie mit einer zentralen Haussteuerung über die Heizung?


Naja, das ist vielleicht etwas gar weit vorausgedacht. Aber klar: In jedem Wohnhaus hat es eine Heizung, es wäre naheliegend, diese zur Haussteuerung zu nutzen.







IoT-Bausteine für alle Anforderungen


Die Meier Tobler AG nutzt Teile aus dem modularen IoT-Baukasten von Swisscom. Unsere branchenunabhängigen IoT-Experten begleiten Sie End-to-End bei der Ideenfindung, Entwicklung und Implementierung von neuen Anwendungen. So verbessern Sie Ihre Prozesse, Produkte und Services, erhöhen die Kundenzufriedenheit und grenzen sich von Mitbewerbern ab.

 

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