Elektronisches Patientendossier 

Viele Bausteine für den Erfolg

Das elektronische Patientendossier (EPD) scheint auf den ersten Blick vor allem eine Frage der Technik. Für einen erfolgreichen EPD-Betrieb sind neben zuverlässiger und sicherer Technologie aber zahlreiche weitere Bausteine entscheidend – nicht zuletzt der Faktor Mensch.

Text: Roger Welti, Bilder: Adobe Stock,

Im EPD sind persönliche Gesundheitsdokumente über eine sichere Internetverbindung für Patienten und Gesundheitsfachpersonen jederzeit abrufbar. Der Patient bestimmt als Besitzer seiner Gesundheitsdaten und seines Dossiers, wer welche Dokumente wann einsehen darf. Was einfach klingt, bedingt ein Zusammenspiel vieler Faktoren, damit ein reibungsloser und sicherer Umgang mit dem EPD möglich ist. Hier eine Übersicht:

Faktor 1: Der Bund

Basis für die EPD-Einführung ist das seit April 2017 geltende Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) und die dazugehörigen Verordnungen. Per 1. Juli 2019 hat der Bund diese Verordnung noch einmal revidiert. Gegenüber der Version von 2017 wurden technische Spezifikationen konkretisiert oder überhaupt erst finalisiert. Die Folge: Für die Umsetzung neuer Vorgaben bis zum EPD-Start im April 2020 bleibt den EPD-Betreibern, Technologieherstellern und anderen Beteiligten (s. Faktoren 2 bis 4) nur wenig Zeit. Kommt dazu, dass in der verbleibenden Zeit auch noch die Zertifizierung aller EPD-Betreiber erfolgen muss (s. Faktor 4).

Faktor 2: Die EPD-Betreiber

Schweizweit gibt es eine Handvoll so genannter Gemein- und Stammgemeinschaften, die als EPD-Betreiber agieren. Dabei handelt es sich um (meist regional organisierte) Zusammenschlüsse von Gesundheitseinrichtungen und -fachpersonen. Diese EPD-Betreiber ermöglichen es den Bürgerinnen und Bürgern, ein EPD zu eröffnen und zu verwalten. Und sie sind verantwortlich für die korrekte organisatorische, technische und vertragliche Anbindung der Spitäler, Heime und anderer Gesundheitseinrichtungen. Nur so können behandlungsrelevante Dokumente im EPD abgelegt oder eingesehen werden. Der Aufbau dieser Stammgemeinschaften in den Versorgungsregionen braucht einiges an Ressourcen, Personal und Fachwissen. Prozesse müssen definiert, validiert, dokumentiert, geschult und zertifiziert werden. Zudem müssen die Betreiber dafür sorgen, dass ihr EPD-Betrieb nachhaltig finanziert werden kann.

Faktor 3: Die Technologiehersteller 

Swisscom, Post und weitere Anbieter liefern die nötige technische IT-Infrastruktur für die EPD-Betreiber. Sie sind seit Jahren an der Entwicklung der Technologie und dabei stark abhängig von den Vorgaben des Bundes hinsichtlich technischer Spezifikationen, geforderter Funktionalitäten und Sicherheit (s. Faktor 1). Im Rahmen so genannter Projectathons wird die EPD-Technologie regelmässig intensiv mit anderen Technologieherstellern und den zentralen Abfragediensten (s. Faktor 6) getestet. Dabei geht es nicht zuletzt darum, die Interoperabilität zwischen den Plattformen verschiedener Hersteller sicherzustellen.

Faktor 4: Die Zertifizierung

Der Bund verlangt von allen EPD-Betreibern, dass sie sich zertifizieren lassen. Dabei wird geprüft, ob die Stammgemeinschaften (s. Faktor 2) die gesetzlich geforderten organisatorischen und technischen Vorgaben erfüllen. Da EPD-Zertifizierungen zum ersten Mal überhaupt vorgenommen werden, gibt es hierfür derzeit noch keine offiziell durch die Schweizerische Akkreditierungsstelle (SAS) akkreditierten Zertifizierungsstellen. Mit der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme und KPMG werden zwei Unternehmen Prüfungen und Zertifizierungen von EPD-Stammgemeinschaften durchführen. Sie werden dabei parallel von der SAS überwacht und offiziell akkreditiert. Nur Gemeinschaften und Stammgemeinschaften, die erfolgreich zertifiziert wurden, dürfen sich am EPD beteiligen.

Faktor 5: Die Gesundheitseinrichtungen und -fachpersonen

Das EPD wird nur dann zum Erfolg, wenn in Spitälern, Heimen, Arztpraxen, Apotheken etc. relevante Gesundheitsdokumente in die von Patienten eröffneten Dossiers abgelegt werden und im Behandlungsfall von Fachpersonen eingesehen werden können. Gesetzlich zur EPD-Teilnahme verpflichtet sind aktuell nur Spitäler (ab 2020) und Heime (ab 2022). Alle anderen Leistungserbringer sind aufgerufen, freiwillig zum Gelingen des EPD beizutragen. Dazu müssen sie sich einem der EPD-Betreiber (s. Faktor 2) anschliessen und ihre eigene IT-Infrastruktur an deren EPD-Plattform anbinden, um Dokumente ablegen und aufrufen zu können. Sie müssen zudem ihre Gesundheitsfachpersonen gemäss den Vorgaben der Stammgemeinschaften (s. Faktor 2 und 4) im korrekten Umgang mit dem EPD schulen, damit nicht zuletzt Datenschutz und -sicherheit gewährleistet sind.

Faktor 6: Herausgeber von Identifikationsmitteln

Apropos Sicherheit: Nur wer eindeutig als Patient oder Gesundheitsfachperson identifiziert werden kann, darf auf das EPD zugreifen. Hierzu wurden im EPDG Anforderungen an die Sicherheit der Herausgabe, der Herstellung und der Anwendung elektronischer Identitäten definiert. Diese Anforderungen sind sehr hoch, vergleichbar mit der qualifizierten digitalen Signatur (elektronische Unterschrift). Die Herausgeber dieser Identitäten müssen durch die akkreditierten Zertifizierungsstellen (s. Faktor 4) zertifiziert werden, bevor sie Identifikationsmittel an Gesundheitsfachpersonen oder Patienten abgeben dürfen. Die Verantwortung dafür, dass Gesundheitsfachpersonen und Patienten gesetzeskonform identifiziert werden, tragen die EPD-Betreiber.

Faktor 7: Die zentralen Abfragedienste

Welche zertifizierten EPD-Betreiber gibt es überhaupt? Welche Spitäler, Ärzte und Therapeuten sind berechtigt am EPD teilzunehmen? Und wie wird sichergestellt, dass Gesundheitsdokumente dem richtigen Patienten zugeordnet werden? Dafür betreibt der Bund (s. Faktor 1) so genannte zentrale Abfragedienste. Dank diesen können einerseits die EPD-Betreiber schweizweit erkennen, welche Gesundheitsfachperson oder anerkannte Gesundheitseinrichtung auf ein Dossier zugreifen will. Andererseits wird für Patienten dank dieser Dienste erkennbar, welchen offiziell registrierten Gesundheitsfachpersonen sie überhaupt Zugriffsrechte auf ihr EPD geben oder entziehen können. Der Bund ist es auch, der die Patientenidentifikationsnummern erstellt und verwaltet, die nur im EPD-Kontext verwendet werden dürfen und Verwechslungen bei der Zuweisung von Dokumenten zum entsprechenden Patientendossier verhindern.

Faktor 8: Die Bürgerinnen und Bürger

Ganz entscheidende Bedeutung für den Erfolg des EPD kommt der Bevölkerung zu. Bürgerinnen und Bürger müssen den Nutzen erkennen, den ein solches Dossier heute bereits bringen kann, und von den EPD-Betreibern und vom Bund weiteren Nutzen einfordern, der das EPD für die Zukunft bringen könnte. Patienten sind aber auch gefordert, sich mit den ihnen dank dem EPD zugänglichen Gesundheitsinformationen auseinanderzusetzen und die Zugriffsrechte verantwortungsvoll zu verwalten, um damit die Nutzung des Dossiers zu ermöglichen. Und schliesslich tragen sie mit einem umsichtigen Umgang mit ihrem EPD dazu bei, dass Datenschutz und -sicherheit gewährleistet sind.

Viele Faktoren bestimmen über den Erfolg des EPD.  


Antworten auf fast alle Fragen

Die Koordinationsstelle eHealth Suisse hält für den Bund die Fäden bei der EPD-Einführung zusammen. Auf der Website patientendossier.ch hält eHealth Suisse umfassende Informationen rund ums EPD sowohl für Bürgerinnen und Bürger als auch für Gesundheitsfachpersonen bereit. Ein Besuch lohnt sich!



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