Lea* arbeitet im mittleren Management bei Swisscom. Ihre Partnerin in einer amerikanischen Firma – ebenfalls im Management. Beide arbeiten 100%, kommen aus dem Ausland und wurden vor kurzem Eltern. Gleichgeschlechtliche Beziehung samt Kind und Karriere – ob dies manchmal zu «anders» für die Schweiz ist, hat uns Lea im Interview verraten.

Herzliche Gratulation: Du bist im Sommer 2023 Mutter geworden. Was hat sich verändert?

Um ehrlich zu sein: fast alles. Beim ersten Kind will man ja auch einen guten Job machen und weiss noch nicht so recht, wie dieser «gute Job» überhaupt genau geht.

Was sich sicher als erstes verändert hat, sind unsere Prioritäten. Vor der Geburt sind wir gern gereist, waren in Restaurants, im Kino. Diese Freizeit, die nimmt nun unsere Tochter ein.

Wir haben beide hochprozentig gearbeitet und das immer gern, wir haben auch beide eine Führungsposition inne. Der Arbeitsteil ist der Bereich in unseren Leben, der sich am wenigsten verändert hat.

Dafür sind wir zwei anders geworden. Unsere Beziehung veränderte sich, wir müssen uns enger abstimmen. In diese Beziehung ist jetzt aber auch viel mehr Lachen und Freude gekommen, um nicht nur das Herausfordernde zu erwähnen, sondern eben auch das Positive.

Hast Du geahnt, dass es so eine Herausforderung wird?

Ich dachte, das wird voll easy, habe mir aber ehrlich gesagt nicht allzu viele Sorgen oder Gedanken auf Vorrat gemacht. Jetzt kann ich aber bestätigen: Das Leben mit Baby ist so, wie es alle gesagt haben – streng. Und eben anders als vorher.

Speaking of anders: Ihr seid zwei Frauen, neu mit Kind. Und ihr arbeitet beide hochprozentig. Ist das «zu viel anders» für die Schweizer Gesellschaft?

In unserem Freundes- und Bekanntenkreis ist es eher so, dass Kinder ab vier Monaten Vollzeit in der Kita betreut werden. Zudem haben wir hier in der Romandie Ganztageskindergärten und -schulen. Wir machen es jedoch anders als unsere Bekannten: Wir wollen, dass unsere Tochter für ein Jahr zu Hause bleibt, bis sie sich besser mitteilen und bewegen kann.

Wie geht denn das mit Euren beiden Vollzeit-Jobs überhaupt?

Wir haben uns zusammengesetzt und uns überlegt: Welche Optionen haben wir? Wann soll unsere Tochter in die Kita? Wie machen wir es? Und dann haben wir zu rechnen begonnen: Meine Partnerin hatte noch Ferienüberschuss, ich wiederum erhielt von Swisscom vier Wochen Vaterschafts- respektive in meinem Fall Elternurlaub. Dazu nahm ich noch weitere Ferien, meine Partnerin nahm auch noch welche und für den Rest halfen unsere Eltern aus, die abwechselnd in die Schweiz reisen – so kriegen wir es auf die Reihe. Zudem steht jetzt noch mein zweimonatiges Sabbatical an, und danach kommen wieder unsere Eltern. Sie haben grosse Freude, dass sie mit unserer Tochter Zeit verbringen können, und sie machen es sehr gut, wir sind dann jeweils immer voll entlastet.

Ob wir dann, wenn unsere Tochter in die Kita kommt, immer noch beide 100% arbeiten, das sind wir gerade am Eruieren. We go with the flow.

Speaking of flow. Könnt Ihr Euren Flow leben ohne Kommentare aus der Gesellschaft, wie man es denn nun anders machen sollte?

Manchmal spüren wir die Erwartung, dass meine Partnerin oder ich wesentlich reduzieren sollten. Statt, dass wir gefragt werden «Wie macht Ihr es?», tönt es eher: «Wer reduziert das Pensum, jetzt, wo das Kind da ist?». Es liegt offenbar auf der Hand, dass «man» reduzieren muss. Und in heterosexuellen Beziehungen ist dies auch meist noch die Frau, die dann vermehrt daheimbleiben sollte. Wenn es so stimmig ist für alle Beteiligten, ist das wunderbar, und ich habe selbst sehr viel Respekt für Traditionen. In unserem Heimatland ist es auch so, dass die Frau drei Jahre lang mit dem Kind daheimbleibt. Für mich persönlich ist es wichtig, dass man offen ist und bleibt – und dass wir nicht dauernd eine Erwartungshaltung gegenüber anderen haben.

Viele Firmen geben nur das gesetzliche Minimum an Mutter- oder Vaterschaftsurlaub. Wie habt Ihr die Leistungen Eurer eigenen Arbeitgeber erlebt? Gibt es Luft nach oben?

Sowohl Swisscom wie auch der Arbeitgeber meiner Partnerin waren sehr grosszügig. Ich selbst habe sehr viele Optionen seitens Swisscom – von mehr Elternurlaub bis hin zu mehr Flexibilität bei Arbeitspensen. Ich kann es mir so einrichten, dass es für mich und meine Familie stimmt. Beim Arbeitgeber meiner Partnerin gibt es nicht so viel Flexibilität – dort wird erwartet, dass alle 100% arbeiten. Dafür hatte sie 18 Wochen Mutterschaftsurlaub und es wird dort 16 Wochen (!) Vaterschaftsurlaub angeboten.

To be honest: Wir sind beide sehr dankbar, aber Luft gibt es immer nach oben. Wenn wir unsere Eltern als Unterstützung nicht hätten, dann wäre es nicht möglich für uns, dass unsere Tochter im ersten Jahr zu Hause bleibt. Die meisten Firmen schauen, dass die ersten Monate abgedeckt sind. Mit Elternurlaub, solange er auch ist, ist es jedoch nicht getan. Was passiert nach dem ersten halben Jahr? Das ist nicht per se die Aufgabe der Arbeitgeber. Und doch können sie dort unterstützen. Es ist ja auch im Interesse der Unternehmen, dass die Eltern entlastet sind und fokussieren können. Aber wie gesagt: meine Arbeitgeberin ist hier wirklich vorbildlich.

Ihr seid beide Frauen. Die Kinderbetreuung ist einem da ja sozusagen in die Wiege gelegt – meint die Gesellschaft. Wie anders wären die Reaktionen wohl, wärt ihr zwei Männer?

Die Reaktion auf uns ist stets: «Ah, wie schön für das Kind, zwei Mütter!». Homosexuelle Männer sind klar benachteiligt im ganzen Prozess. Es ist natürlich rein biologisch schon schwieriger, ein Kind zu bekommen. Zusätzlich gibt es mehr Vorurteile, dass sie das Kind richtig betreuen und erziehen können. Das stimmt natürlich nicht. Und trotzdem ist es (noch) so. Auch in der Wirtschaft: Männer müssen mehr für längeren Vaterschaftsurlaub oder Teilzeit kämpfen als Frauen.

Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind nicht automatisch auch gleichberechtigt. Wie teilt Ihr Euch die Betreuung auf?

Wir haben in unserer Beziehung keine eingeschliffenen Frauen-Männer-Rollenmuster. Wie wir für Gleichberechtigung sorgen und sorgen werden? Indem wir genau anschauen, was die jeweilige Situation ist. Welche Möglichkeiten hat wer? Was bieten unsere Arbeitgeber an? Wo stehen wir in der Karriere? Bei wem macht es Sinn zu reduzieren? Was sind die Chancen, die verpasst werden, wenn jemand reduziert etc.?

Deine Empfehlung für Hetero-Paare?

Klar macht es finanziell Sinn, dass die Person, die weniger verdient, mehr reduziert, weil der Impact aufs Familienbudget kleiner ist. Trotzdem empfehle ich, dass man fair bleibt. 50/50 ist halt schon empfehlenswert, sonst gibt es ein Ungleichgewicht. Das muss ja nicht 50% sein, es können auch beide 80% arbeiten oder beide 70%. Am Ende muss es einfach für die jeweilige Familie stimmen. Ist doch gut, wenn wir die Möglichkeit unterschiedlicher Modelle haben.

Gibt es Euch gegenüber als Working Moms weniger Vorurteile als Working Moms gegenüber in «herkömmlichen» Familien?

In unserem Umfeld sind eigentlich alle Working Moms. Ich werde gefragt: Wie macht ihr das? Wer bleibt daheim? Es gibt nicht bereits die Erwartung, dass dies die Frau ist, da wir ja beide Frauen sind.

Welches sind die drei grossen Herausforderungen, denen Ihr derzeit gegenübersteht?

Die Umstellung vom strengen Arbeitstag und dem, was dann daheim abgeht. Ich brauch da jeweils ein paar Minuten, um meinen Kopf durchzulüften.

Früher konnte ich spätabends und am Wochenende arbeiten, wenn ich nicht fertig wurde. Das ging in diesen ersten Monaten seit unsere Tochter da ist nur selten. Aber mein Workload und meine Erwartungen an mich selbst haben sich halt nicht verändert, und ich muss im Moment den Tag effizienter planen.

Und die Nächte… Unsere Tochter schläft so schlecht, sie wacht bis zu achtmal auf. Wir teilen uns die Nächte auf, jede zweite Nacht übernehme ich.

Die rechtliche Herausforderung der Adoption ist für Dich momentan nicht ohne. Erzähl.

Ich habe momentan keine Rechte für unsere Tochter – ich bin rechtlich kein Elternteil von ihr. Gemäss Schweizer Gesetz muss ich sie adoptieren, und dies darf ich erst, wenn ich mit dem Kind ein Jahr lang zusammengelebt habe. Hier gibt es eine Lücke im Gesetz, was natürlich Risiken birgt. Wenn etwas mit meiner Partnerin passiert, oder wenn unsere Tochter krank wird und ins Krankenhaus müsste – ich habe keinerlei Rechte und es macht auch unsicher.

Was möchtest Du Deiner Tochter mitgeben auf ihre Lebensreise?

Sie soll Freude haben in und an diesem Leben und mit positivem Blick durchs Leben gehen. Weil, das Leben selbst und die Gesellschaft sind manchmal hart, mit all den Kriegen und Aggressionen, mit den mit Füssen getretenen Menschenrechten vielerorts. Ich wünsche meiner Tochter, dass sie mit ihren Fähigkeiten Veränderungen herbeiführen kann. Sie soll mutig sein, Dinge anzustossen.

*Der Name wurde von der Redaktion geändert.

Dieser Artikel wurde von Tadah(öffnet ein neues Fenster) erfasst.

Vereinbarkeitsmassnahmen der Swisscom: 

Flexible Arbeitsformen

  • Homeoffice
  • Mobiles Arbeiten in der Schweiz
  • Flexible Arbeitszeiten

Mehr Zeit für Privates

  • Ferienkauf
  • Unbezahlter Urlaub
  • Langzeitkonto
  • Sabbatical (Kader)

Arbeitsmodell

  • Teilzeit (auch auf Probe)
  • Jobsharing

Weiterbildungsangebote

  • 5 Aus- & Weiterbildungstage
  • Health-Angebote (Stressmanagement, Selbstmanagement usw.)

Lea

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