Influencer*in - Stars im Netz

7 Minuten

Leitfaden Influencer:
Zwischen Authentizität und Inszenierung

Sie inszenieren ihren Alltag und nehmen eine Vorbild-Rolle für uns und unsere Kinder ein. Sie helfen als Meinungsbildner*innen bei der eigenen Identitätsfindung. Und sie lassen uns an ihrem Leben teilhaben. Doch wie sieht das Leben als Influencer*in wirklich aus? Was verdienen sie und wie authentisch sind sie? Wir haben nachgefragt und die wichtigsten Informationen und Erkenntnisse hier zusammengetragen.

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​Was sind Influencer*innen?

Influencer*innen sind Content-Produzenten auf sozialen Netzwerken, die Inhalte zu bestimmten Themen oder Lebensbereichen posten. Der Begriff Influencer leitet sich vom Englischen «to influence» ab, zu Deutsch «beeinflussen». Beeinflussen können Influencer*innen mit Botschaften, Werten oder Produktwerbung.

Influencer*innen verfügen über ein spezifisches Talent oder Wissen, mit dem sie ihre Follower*innen inspirieren. Sie funktionieren als Meinungsbildner*innen in einer Welt, die eine Flut an Möglichkeiten bietet. Sie sind Expert*innen auf ihrem Gebiet und wissen über News und Trends Bescheid. Davon profitieren die Follower*innen. Und auch von den Geschichten, welche die Influencer*innen erzählen.

Oft sind Influencer*innen nur einer kleinen Gruppe bekannt, da ihre Themen meist stark fokussiert sind. Es gibt aber auch Ausnahmen: PewDePie (Gaming), BibisBeautyPalace (Mode, Kosmetik) oder JulienBam (Music Videos, Comedy) sind Influencer*innen, die auch ausserhalb ihrer Community Bekanntheit erlangt haben.

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Top-Influencer*innen der Welt

Wer nicht zufällig ein Star ist, muss sich seine Geschäftsmöglichkeiten in den sozialen Netzwerken hart erarbeiten. Und nur wenige werden für ihren Aufwand belohnt: Vom Influencen leben können gemäss Einkommensstudie von HypeAuditor weltweit nur gerade 4 Prozent.

Die Rangliste der am besten verdienenden Influencer*innen zeigt, dass Top-Influencer*innen viel Geld verdienen können. Die Betonung liegt hier allerdings auf «können». Denn erst eine grosse Reichweite macht Influencer*innen zu attraktiven Werbeträgern für Marken oder Unternehmen. Das Kapital von Influencer*innen ist einerseits die Qualität ihrer Postings, andererseits ihre Followerzahl.

Influencer*innen können auf verschiedene Arten Geld verdienen: Indem sie Links zu bestimmten Produktseiten in ihren Content integrieren (sog. Affiliate Marketing), indem sie positiv über ein Produkt sprechen oder es in einem Video-Clip oder Foto sichtbar machen. Die Methoden der Produktplatzierung sind mitunter kaum wahrnehmbar und nicht selten werden Werbetricks gar nicht als solche gekennzeichnet.

Das verdienen die Top-Influencer*innen der Welt

Eleonora Pons

Schauspielerin, Sängerin und Youtuberin
YouTube: @lelepons, 49 Mio. Follower*innen,
verdient rund 180’000 US-Dollar pro Post

Quelle: Medienratgeber enter «Influencer»

Bianca «Bibi» Classen

Beauty-Youtuberin
YouTube: @bibisbeautypalace, 8,2 Mio. Follower*innen,
verdient rund 19’000 US-Dollar pro Post

Quelle: Medienratgeber enter «Influencer»

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Was verdienen Schweizer
Influencer*innen?

Geschätze 15 Millionen Views brauchen Youtuber*innen für einen durchschnittlichen Schweizer Jahreslohn von rund 60’000 Franken.
Aber wer erreicht diese Anzahl Views in der Schweiz? Und welche Gagen können Influencer*innen in der Schweiz erwarten?

Tanja Herrmann, Gründerin der Influence-Agentur WebStages, hält fest: Auch in der Schweiz wird die Höhe der Gage an der Followerzahl gemessen. Profile mit 5'000 Follower*innen können in etwa 350 bis 800 Franken pro Post erwarten. Aber auch Profile mit weniger Follower*innen erhalten manchmal schon eine Gegenleistung. Allein von den Werbehonoraren leben in der Schweiz allerdings nur rund 10 Prozent der Influencer*innen. Tendenz steigend, so Herrmann.

Bekannte Schweizer Influencer*innen

Noemi Nikita

Beauty Queen, bietet Schmink-Tutorials mit Lip Sync 
Instagram: @noeminikita, 489’000 Follower*innen
TikTok: @noeminikita, 13,3 Mio. Follower*innen

Xenia Tchoumi

Model und Unternehmerin, teilt ihren Luxus-Lifestyle 
Instagram: @xenia, 2,1 Mio. Follower*innen
TikTok: @xenia, 289’600 Follower*innen

Dean Schneider

Löwenflüsterer, lebt unter Löwen in Südafrika 
Instagram: @dean.schneider, 10 Mio. Follower*innen
TikTok: @deanschneider.official, 10 Mio. Follower*innen

Loredana

Rapperin, begann ihre Karriere auf Instagram
Instagram: @loredana, 3,1 Mio. Follower*innen
TikTok: @loredanaofficial, 1,9 Mio. Follower*innen

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Wie authentisch sind
Influencer*innen?

Influencer*innen stehen im Rampenlicht und leben in zwei Welten: Hier die schillernde Inszenierung, dort die private Realität. Um authentisch zu wirken, bemühen sie sich, diese beiden Welten zu vereinen. Doch wie weit ist dies überhaupt möglich?

Als Content Creators planen Influencer*innen jedes Foto, jede Story und jeden Clip sehr sorgfältig. Was spontan aussieht, ist es selten. Veröffentlichungen werden bis ins Detail kalkuliert und die Realität dabei nicht selten stilisiert.

Um zu beeindrucken oder überzeugen, erzählen Influencer*innen viele Geschichten. Und wie in rhetorisch starken Erzählungen üblich, wird auch in Postings gerne überzeichnet, dramatisiert oder das eine oder andere Bild- oder Textelement frei dazu erfunden. Influencer*innen bleiben dabei nicht nur beim Erzählen, sondern schlüpfen oft selbst in eine Rolle.

Wie wichtig die von den Follower*innen erlebte Authentiziät ist, zeigt der Fakt, dass Influencer*innen immer wieder betonen, dass ihr Auftritt echt sein muss. Follower*innen entwickeln mit der Zeit ein feines Gespür und erkennen rasch, wenn eine Handlung ihrer Online-Stars nicht mehr ins Bild passt. Enttäuscht wenden sie sich ab und unfollowen ihre Held*innen – und das wollen Influencer*innen um jeden Preis verhindern.

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Welche Skills braucht’s
als Influencer*in?

Das Handwerk von Influencer*innen ist das Erstellen von Inhalten für Social Media. Meist geschieht dies in Form von Foto, Video und Text. Als ihre eigenen Content Creators brauchen Influencer*innen ständig neue Ideen. Sie basteln aufwändige Requisiten, errichten neue Drehorte, überlegen sich Skripts und bearbeiten Bilder oder Videos nach dem Shooting. Manchmal stundenlang, bis jedes Detail stimmt.

Als Influencer*in ist technisches Know-How im Umgang mit Smartphone, Kamera und sozialen Medien gefragt. Die Content Creators übernehmen sowohl in der Konzeption als auch in der Produktion viele verschiedenen Aufgaben und kennen sich aus, wie die sozialen Medien funktionieren. Influencer*innen leben am Puls der Zeit und wissen, was ankommt.

Sie sind kreative Köpfe und gute Geschichtenerzähler*innen. Influencer*innen empfinden einen inneren Drang, sich stetig weiterzuentwickeln. Sie stehen gerne im Mittelpunkt, glänzen vor der Kamera und verfügen über ein Gespür für die Community. Ein Grundverständnis von Marketing ist sicherlich nicht falsch.

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Influencer*in werden

Um Influencer*in zu werden, gibt es (noch) keine Lehrstellen oder klassische Bildungswege. Influencer*innen sind daher oft Autodidakten, die im besten Fall aber eine Grundausbildung in ihrem spezifischen Themenbereich mit sich bringen.

Wenn Jugendliche den Berufswunsch Influencer*in äussern, schrillen bei vielen Erwachsenen die Alarmglocken. Trotz dem Zeitalter der digitalen Medien und künstlicher Intelligenz strebt der Grossteil der Jugendlichen immer noch klassische Berufe wie Arzt, Lehrerin oder Manger an. Dies gibt zu denken, denn die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) erwartet infolge Automatisierungen ein Wegfall von rund 39 Prozent dieser klassischen Berufen in den nächsten 10 bis 15 Jahren.

Möchten Jugendliche Influencer*in werden, ist es wichtig, ihren Wunsch ernst zu nehmen und ihnen zu vermitteln, dass eine Grundausbildung zum Verfolgen ihres Traumjobs als Influencer*in durchaus Sinn macht. So können sie die inhaltliche Qualität ihrer Veröffentlichungen nachhaltig steigern. 

Auch eine Lehre als Mediamatiker*in kann eine gute Grundlage für zukünftige Influencer*innen sein. Mediamatiker*innen sind kreative Gestalter*innen von Informationen, die Kenntnisse in Umsetzung und Design, Marketing, Kommunikation, Multimedia, Informatik und Projektarbeit entwickeln. Die zwei Schweizer Influencer Brian Havarie (@briann) und Sami Loft (@samiloft) haben eine solche Lehre zum Mediamatiker bei Swisscom abgeschlossen.

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Influencing ist harte Arbeit

Wer Influencer*in werden und auf sozialen Medien Inhalte mit einer breiten Masse teilen möchte, braucht einen langen Atem und viel Herzblut. Wieviel weiss Sami Loft. Er ist mit über 1 Mio. Follower*innen einer der grossen Schweizer Influencer.

Der zwanzigjährige Sami Loft (@samiloft) hat sich 2021 nach einer vierjährigen Mediamatikerlehre entschieden, den Schritt zum Content Creator in Vollzeit zu wagen. Heute lebt Sami seinen Traum und freut sich: «Arbeit fühlt sich gar nicht mehr wie Arbeit an.» Doch auch er weiss: Es ist nicht alles Gold, das glänzt. 

«Wenn ich an einem Event mit anderen Influencer*innen Cocktails trinke, ist das Businessoder Freizeit?» Das vollständige Verschmelzen von Privatleben und Beruf sei nicht immer leicht, so Sami. Auch brauche es viel Kreativität und Durchhaltevermögen, um jeden Tag mindestens ein Video zu posten. 

Dennoch würde er nie tauschen wollen und liebt seinen Job. Sami setzt sich dafür ein, dass der Beruf Influencer*in mehr Respekt verdient. Für angehende Influencer*innen hat er drei wertvolle Tipps auf Lager.

Samis Top-3-Tipps für Jugendliche

Tipp Nr. 1: Nicht so leicht, wie es aussieht

«Influencer*in zu sein, ist nicht so leicht, wie es aussieht. Wir sind Profis darin, unseren Beruf einfach wirken zu lassen. Aber er fordert viel Arbeit, Können und Motivation. Und wir kombinieren mehrere Berufe in einem.»

Tipp Nr. 2: Du brauchst Geduld

«Werde nicht ungeduldig, alles braucht seine Zeit. Dein Profil sollte dein Hobby sein, mit dem du möglicherweise schon etwas verdienst. Nur weil eines deiner Videos erfolgreich ist, heisst dies aber noch lange nichts. Überleg dir gut, ob du den Schritt zum Profi wirklich machen willst, und überlege dir einen Plan B.»

Tipp Nr. 3: Eine starke Persönlichkeit

«Du brauchst eine starke Persönlichkeit. Warum funktioniert ein Video super und ein anderes gar nicht? Selbstzweifel gehören als Influencer*in dazu. Erträgst du die Reaktionen des Publikums, ab und an gar Beschimpfungen oder Bedrohungen? Es ist manchmal nicht einfach, sich vom eigenen Profil zu distanzieren.»

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Sicher vor schädlichen Einflüssen –
dank Medienkompetenz

Medienkompetenz heisst, digitale Informationen kritisch und aktiv zu hinterfragen. Was ist echt, was ist wahr? Diese Grenzen verschwimmen oft. Insbesondere rund um die unterhaltsamen Geschichten, die uns Influencer*innen erzählen, werden die ehrlichen Werte und Fakten eines Produkts unscharf.

Tipp für Eltern

Nimmt bei Ihrem Kind die Fanschaft für eine*n Influencer*in besorgniserregende Ausmasse an? Nehmen Sie neue und abstruse Ansichten bei Ihrem Kind wahr? Sprechen Sie es darauf an. Fragen Sie, wo diese Ansichten herkommen und hinterfragen Sie gemeinsam die Quelle:

  • Ist der Absender kompetent?
  • Belegt er seine Behauptungen?
  • Gibt es andere Quellen und andere Ansichten zum Thema?


Es ist wichtig, in der Familie kontinuierlich eine Werte-Debatte zu führen. Analysieren Sie die Herkunft von neuen Haltungen und Werten in der Familie. Hinterfragen Sie kritisch. Entscheiden Sie dann gemeinsam: Lassen sich die neuen Werte in die Familie integrieren oder gibt es alternative Werte-Modelle?

Insights

Zahlen & Fakten

62%

der Menschen in der Schweiz folgen Influencer*innen, weil sie unterhaltsamer sind als klassische Medien.
(Quelle: Media Use Index 2021)

81%

der Mädchen beobachten, dass Menschen oder Gruppen im Internet aufgrund ihres Aussehens beleidigt oder diskriminiert werden, bei den Jungs sind es nur 56%.
(Quelle: JAMESfocus-Studie 2021)

4 von 5

Schweizer Jugendliche schauen regelmässig Videos im Internet.
(Quelle: JAMES-Studie 2020)

21%

der deutschen Internetnutzer*innen ab 16 Jahren haben im Verlauf eines Jahres mindestens einmal ein Produkt gekauft, weil es Youtuber*innen beworben haben. 
(Quelle: Social-Media-Atlas 2021)

Nützliche Links

Weiterführende Inhalte

Wünschen Sie sich weitergehende Informationen zum Thema Influencing? Hier haben wir die wichtigsten Blogbeiträge und Links zusammengetragen.

Michael fragen

Michael In Albon ist der Jugendmedienschutz-Beauftragte bei Swisscom. Er steht Ihnen bei allen Fragen rund um Kinder und Medien zur Verfügung. 

Portrait des Leiters Jugendmedienschutz Michael In Albon
Michael In Albon

Jugendmedienschutz-Beauftragter,
Leiter Schulen ans Internet (SAI)