Forschung

Kann Wissenschaft die Unschädlichkeit einer Technologie beweisen?

Wissenschaft versucht, die objektive menschliche Erkenntnis zu erweitern. Also sollte es möglich sein zu entscheiden, ob eine Technologie schädlich ist oder nicht. Würde man meinen.
Hugo Lehmann
Hugo Lehmann, beobachtet und analysiert für Swisscom die Forschung im Bereich Mobilfunk und Umwelt.
16. September 2020

Will ein Wissenschafter herausfinden, ob eine Theorie richtig ist, definiert er ein Experiment. Mit diesem kann er entscheiden, ob die theoretische Voraussage stimmt oder nicht. Wird die Theorie mit diesem einen Versuch bestätigt, heisst das nun nicht, dass sie die Realität absolut richtig beschreibt. Vielleicht gibt es eine Situation, in der die Theorie nicht hält, was sie voraussagt, die aber im gemachten Experiment gar nicht überprüft werden konnte. Wenn aber das Experiment mit messtechnischer Sicherheit die theoretisch vorausgesagten Resultate widerlegt, kann davon ausgegangen werden, dass die Theorie falsch ist (natürlich muss dieses Resultat reproduzierbar sein). Der Philosoph Karl Popper spricht von Falsifikation einer Hypothese. Die Theorie muss dann angepasst werden und das Spiel geht wieder von vorne los.

 

Ein einfaches Beispiel zur Falsifikation. Unsere Hypothese: Licht breitet sich gleich schnell aus wie Klang (ist natürlich falsch, wie wissenschaftliche Theorien manchmal auch). Das einfache Experiment: Abfeuern einer Kanonenkugel vom 2 km entfernten Hügel und ein Beobachter misst die Zeit bis i) das Mündungsfeuer beobachtet wird und ii) bis der Knall beim Beobachter angekommen ist. Die Messresultate sollten eindeutig aufzeigen, dass diese Hypothese falsch ist und Schall und Licht sich unterschiedlich schnell ausbreiten. Man könnte sogar – bei genügend genauer Zeitmessung – die Ausbreitungsgeschwindigkeit berechnen. Wissen ist geschaffen.

Leider gibt es so kein einzelnes konkretes Experiment zur Beurteilung der These "Mobilfunk ist unschädlich". Das Gleiche gilt auch für die These " Es gibt kein ausserirdisches Leben".

In beiden Fällen können nie alle Parameter getestet werden. Trotzdem – und zum Glück - versucht man mit geeigneten Experimenten an Zellen, Tieren und wenn möglich auch Menschen herauszufinden, ob die elektromagnetischen Felder von Mobilfunk schädlich sind. Seit mehr als 50 Jahren wird dies gemacht und es gibt Tausende von Studien dazu.

 

Zwar gab es ab und zu Hinweise, dass sich unter Mobilfunkexposition etwas verändert, aber wissenschaftlich erhärtete schädliche Effekte unterhalb der Grenzwerte, sind bis heute nicht gefunden worden. Kritische Zeitgenossen werden einwenden, dass es Hunderte von Studien gibt, die eine Wirkung und zum Teil auch Schädigung aufzeigen. Hier muss allerdings berücksichtigt werden, dass für eine fundierte wissenschaftliche Analyse auch Kriterien wie Qualität der Studie, Reproduzierbarkeit der Resultate und statistische Signifikanz berücksichtigt werden müssen. Das hat die Internationale Kommission zum Schutz vor nicht-ionisierender Strahlung (ICNIRP) im März 2020 eben erst getan. Nach der Einschätzung der ICNIRP ist die These "Mobilfunk ist unschädlich" nicht falsifiziert.

 

Das vermag die Wissenschaft zu leisten. Nicht mehr und nicht weniger. Natürlich ist dies nicht jedermanns Sache, insbesondere Politik und Gesellschaft erwarten klarere Aussagen. Diese können aber von der Wissenschaft in dieser Sache nicht abschliessend geliefert werden.

 

Andererseits ist die Wissenschaft eines der wichtigsten Werkzeuge des modernen Menschen. Sie hilft auch bei der Risikobeurteilung, so gut sie eben kann. Mit der Wissenschaft experimentiert der Mensch, um die Folgen eines Risikos zu vermeiden. Wissenschaft ist somit eine mögliche Form der Risikobewältigung. Wenn wir als moderne Menschen nicht auf die Wissenschaft bauen wollen, wäre das ein Schritt zurück ins Mittelalter. Einen 100%-Unschädlichkeitsbeweis kann die Wissenschaft nicht bieten, aber durchaus eine valide Abschätzung, ob das Risiko eingegangen werden kann oder nicht.

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