Interview mit Christoph Aeschlimann

«Die Situation hat sich verschärft»

Es kommt immer wieder vor, dass Swisscom Antennenstandorte abbauen muss und nicht rechtzeitig alternative Standorte findet. Netzchef Christoph Aeschlimann über die Einschränkungen für die Kundinnen und Kunden, den Einfluss der 5G-Skepsis und einen Hoffnungsschimmer.
Armin Schädeli
Armin Schädeli, Stellvertretender Leiter Media Relations
03. November 2020

Wie vertragen sich die Antennenabschaltungen mit dem Anspruch, das beste Netz zu haben?

Das verträgt sich gar nicht mit unserem Anspruch. Und genau das ist das Problem. Für unsere Kundinnen und Kunden sind solche Änderungen mit Einschränkungen verbunden, die je nach konkreter Situation grösser oder kleiner ausfallen. Deshalb setzen wir alles daran, um Lösungen zu finden. Ich kann aber versichern: Bevor es zu einer solchen Situation kommt, haben wir im Vorfeld alles Mögliche unternommen. Das heisst, wir führen unzählige Gespräch mit Besitzern möglicher Antennenstandorte. Und wir prüfen alternativ beispielsweise auch, ob provisorische Container-Lösungen eingesetzt werden können.

Warum gelingt es in manchen Fällen nicht, einen Alternativstandort zu finden? Zahlt Swisscom für die Standorte zu wenig?

Die Herausforderung ist zum einen, dass sich nicht alle Standorte eignen, denn ein Standort soll ja ein möglichst grosses Gebiet effizient erschliessen. Und natürlich müssen die Grenzwerte eingehalten werden. Bei potenziell geeigneten Standorten erleben wir immer häufiger, dass die Besitzer nicht bereit sind, dort eine Antenne errichten zu lassen. Das Problem liegt somit meistens nicht beim Mietzins für Standorte.

Ist es in den letzten Jahren schwieriger geworden, geeignete Standorte zu finden?

Die Standortsuche war schon immer anspruchsvoll, denn Widerstand gegen Mobilfunk ist kein neues Phänomen. Aber die Situation hat sich verschärft, wir spüren dies insbesondere seit diesem Jahr. Das hat sicherlich mit der Polemik rund um 5G zu tun. Denn die Ängste wegen 5G blockieren auch den dringend notwendigen Ausbau mit 4G. Hinzu kommt, dass wir unser Netz wegen zunehmender Nutzung mobiler Daten ständig ausbauen müssen und somit jede Standortkündigung den Druck erhöht. Neue Standorte müssen zudem ins bestehende Netz passen, dies erlaubt auch weniger Freiräume in der Wahl von Ersatzstandorten. Weil diese sollten idealerweise die gleiche Abdeckung bieten wie der bisherige Standort, das macht die Suche noch anspruchsvoller.

Gibt es auch vermehrt Antennenkündigungen?

Auch das ist kein neues Phänomen. Aber die Folgen einer Kündigung sind heute gravierender, weil die Nutzung von Mobilfunk stark zunimmt. Ein aktuelles Beispiel: In einem Kanton in der Romandie hat die Kirchengemeinde ihre Verträge für Mobilfunkantennen gekündigt. Wir sprechen hier von sieben Standorten, die in den nächsten Jahren ausgeschaltet werden. Da es im entsprechenden Kanton ein Moratorium für Mobilfunkantennen gibt, können wir keine Antennen bauen, selbst wenn wir genügend geeignete Standorte finden würden. Leiden werden unter dieser Situation unsere Kundinnen und Kunden.

Wie präsentiert sich die Situation schweizweit?

Die Situation ist regional sehr unterschiedlich. Es gibt immer noch die Kantone und Gemeinden, welche die ICT-Infrastruktur als wichtigen Standortvorteil sehen. Aber insgesamt bewegen wir uns in die falsche Richtung. Letztes Jahr beispielsweise wuchs der Datenbedarf im Mobilfunk um rund 29 Prozent. Aufgrund der Blockaden beim Mobilfunkausbau konnten wir im selben Zeitraum aber nur 5 Prozent ausbauen. Das kann mittelfristig für die Branche nicht aufgehen. Es droht eine Situation, wie wir sie so in der Schweiz bisher nicht kennen: Kapazitätsengpässe und vermehrt Abdeckungslücken im Mobilfunknetz. Mobilfunkausbau ist vorrausschauend, die Folgen von Blockaden sind nicht unmittelbar jetzt sondern in absehbarer Zukunft spürbar.

Was unternimmt Swisscom, damit sich die Situation ändert?

Wir sprechen hier von einer Entwicklung, welche die gesamte Branche betrifft. Swisscom und die gesamte Branche informieren regelmässig über das Thema Mobilfunk, wir sind auch bei vielen lokalen Diskussionen in Gemeinden vor Ort. Auch der Branchenverband ASUT ist sehr aktiv und es gibt vermehrt Stimmen, welche sich für den Mobilfunkausbau und 5G stark machen. Der Bund hingegen war bisher mit der Aufklärung zu 5G sehr zurückhaltend, obwohl seine Stimme bei der Bevölkerung sehr wichtig wäre. Bei vielen Gemeinden und Kantonen beobachten wir zudem ein gewisses Widerstreben, Baugesuche werden - wenn überhaupt – mit viel Verzögerung bearbeitet. Wir hoffen, dass mit der Publikation der Vollzugsbestimmungen durch das Bundesamt für Umwelt (BAFU) zu den 5G-Antennen bis Ende Jahr für die Kantone und Gemeinden mehr Sicherheit geschaffen wird und es damit mit dem Ausbau rascher vorwärts gehen kann.

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