Antenne
Umfrage zu 5G der ETH Zürich

Der Rösti- und Polentagraben wird zum gähnenden Abgrund

Ich liebe Umfragen – und Sie hoffentlich auch. Zumal wenn Sie von der besten Hochschule des Landes (Rang 14 weltweit) kommen und Bundesbehörden die Auftraggeber waren. Die ETH Zürich hat im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) nämlich jüngst in Helvetien den Puls gefühlt. Und die Arbeit hat mit 7340 Befragten aus allen Landesteilen sehr hohe Repräsentativität.
Jürg Studerus
Jürg Studerus, leitet bei Swisscom das Programm Mobilfunk und Gesellschaft.
04. Juni 2021

Worum geht’s? Die fünfte Welle des "Schweizer Umweltpanels" erforschte die Einstellung der Bevölkerung zur fünften Mobilfunkgeneration 5G. Erhebungszeitraum war der Sommer 2020. Dieser Tage wurde die Arbeit publik.

 

Was dabei ans Licht kam, ist interessant. Für die Mobilfunkbetreiber, für die verantwortlichen Behörden und ebenso für Mobilfunkkritiker. Auch ist die Arbeit verständlich geschrieben: alles wird auf den Punkt gebracht.

 

Hier zum Download

 

Im Folgenden nun ausgewählte Resultate der ETH-Befragung – mit (teilweise) aufmüpfigen Kommentaren eines Interessenvertreter.

"Bei fast allen Fragen finden wir einen vergleichsweise sehr hohen Anteil an Personen, die weiss nicht als Antwort angeben."
  • Wen wunderts, wenn im Meinungsstreit abgrundtiefe technische Finessen von Software definierter Nachrichtentechnik, vertrackter Physik und epidemiologische Seitenlinien besprochen werden – als wären wir ein einig Volk von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern.
"Ungefähr die Hälfte der Befragten findet, dass die Strahlung von 5G-Antennen ihre Gesundheit im Vergleich zu 3G/4G-Antennen stärker belasten…"
  • Da haben wir Aufklärungsarbeit zu leisten. Oder aber radikale Kritiker haben ihre Sache gut gemacht, die simple Weiterentwicklung des Mobilfunkstandards als Menetekel zu verteufeln.
Bei verschiedenen Politikoptionen ist die Mehrheit der Befragten für einen "Mittelweg mit gleichbleibenden Grenzwerten und einem relativ langsamen Ausbau von 5G".
  • Okay!? Auch wenn dann dieses "relativ langsam" zirka zwei ganze Jahrzehnte dauert und über 26'000 zusätzliche Antennen erfordert? Und mit Verlaub: wer spricht in 20 Jahren noch von 5G? Im Labor wird bereits an 6G geforscht.
Offene Frage "Was verbinden Sie mit 5G"? Reihenfolge entspricht Priorisierung: schnell, Internet, Daten, Netzwerk, mobil, Strahlung, hoch, neu, Übertragung, Geschwindigkeit.
  • Dann ist vielleicht das Strahlungsthema doch kein Problem der Allgemeinheit, wie uns Kritiker gerne glauben lassen. Und die Damen und Herren in Legislative und Exekutive müssen keine Abwahl fürchten, wenn sie den Ausbau der wichtigen Infrastruktur Mobilfunk unterstützen.
Nutzen-Risiko-Verortung: 54,4% sehen klar oder eher Vorteile durch 5G, während 17,6% eher oder klar mehr Nachteile sehen. 28% wählen die Kategorie teils/teils.
  • No comment (oder lesen Sie noch einmal den Kommentar beim vorangegangenen Punkt).
Fast die Hälfte der Befragten (46,5%) ist sich uneinig, ob gesundheitliche Gefahren durch Mobilfunk bestehen oder nicht.
  • Eine seriöse Wissenschaftlerin würde wohl ähnlich antworten. Wer hier kategorische Antworten (ohne Kontext und Relation) hat, ist verdächtig. So ist auch zu lesen, was die WHO 2020 zum Thema sagte: "Nachdem sehr viel geforscht wurde, gibt es nach wie vor keinen kausalen Zusammenhang zwischen den Immissionen von Funktechnologien und gesundheitlichen Schädigungen."
59,6% der Befragten fühlen sich an Ihrem Wohnort wenig oder überhaupt nicht belastet. 27,7% fühlen sich mittel belastet und 12,8% stark oder sehr stark.
  • Wenn es sehr hoch kommt, messen wir in Wohnungen (ad hoc mit einem sogenannten Exposimeter namens "ExpoM-RF" des Labors Fields@work) maximal vielleicht 1 Volt pro Meter (V/m) elektrische Feldstärke durch eine Mobilfunkanlage (Downlink) bei einem Grenzwert von 5V/m. Auf Strassen und Plätzen vielleicht gar 2 V/m bei einem Grenzwert von 50 V/m. Am stärksten exponiert ist man allgemein im Zug, wobei hier die Handys (Uplink) eine grosse Rolle spielen. In den umliegenden Ländern dürfte man zwischen 40 und 60 V/m messen – sogar in Ihrer Wohnung und es wäre nach wie vor innerhalb der Schutzempfehlungen der WHO.
Grafik Umfrage ETH

Quelle der Grafik: ETH-Befragung im Rahmen der fünften Erhebungswelle.

10,6% der Befragten nehmen an, elektrosensibel zu sein.
  • Das ist ein ernstes Thema. Ein Phänomen, nein, ein Phantom für die Forschenden. Noch nie gelang es, Befindlichkeitsstörungen klar als Folge der Exposition gegenüber Mobilfunkfeldern zu erklären. Auch konnte niemand "überzufällig" solche Felder spüren. Oft als Erklärung genannt, wird der böse Bruder des Placebo-Effektes, der Nocebo-Effekt. Mit angeblich gut 905'000 Betroffenen allein in der Schweiz eine irritierend hohe Zahl (Covid-Erkrankte zählen wir Mitte Mai 2021 weniger als 700'000). Dass die Leiden der Betroffenen aber real und teilweise massiv sind, hat der Schreibende schon mehrmals selbst erfahren.
Es fühlen sich mehr als die Hälfte der Befragten nicht ausreichend vor Strahlung geschützt; insgesamt 60 Prozent antworteten entweder mit "viel zu schwach", "zu schwach" oder "eher zu schwach".
  • Und das in einem Land, das weltweit die schärfsten Auflagen für den Bau und Betrieb von Mobilfunkantennen kennt? Wenn das kein klassisches Eigentor des Risikodialoges ist. Unsere Grenzwerte wurden etwas freihändig gegenüber den von von der WHO empfohlenen Werten um Faktor 10 verschärft und trotzdem fühlen sich 60 Prozent nicht ausreichend geschützt? Könnte es sein, dass die öffentliche, mediale Kontroverse eine verzerrte Wahrnehmung geschaffen hat?
Über alle Altersgruppen hinweg ist erkennbar, dass die Umfrageteilnehmerinnen deutlich weniger Vorteile in 5G sehen als die Umfrageteilnehmer.
  • Das war uns bereits bekannt. Und wir rätseln darüber…
"Die italienischsprachigen Befragten fühlten sich mit Abstand am wenigsten betroffendurch elektromagnetische Strahlung - hier sagten 76% der Befragten, sie fühlten sich«überhaupt nicht» oder «wenig» belastet. Bei den deutschsprachigen Befragten lag dieser Anteil bei 67% und bei den französischsprachigen bei nur 25%."
  • Je suis desolé - aber der Röschti- und Polentagraben ist kein Graben, hier ist er ein Abgrund. Und man hat sogar ein gewisses Verständnis für den Kanton Genf und sein "Moratorium" – das übrigens von der Verfassungskammer als unrechtmässig beurteilt wurde.

Vieles, was die Forschenden der ETHZ ans Tageslicht brachten, ist uns aus der täglichen Arbeit gut bekannt. Bei einigen Resultaten sind wir jedoch bass erstaunt, orten Inkonsequenz und Widerspruch. Und ja, die Unterschiede von 50 Prozentpunkten in der Einstellung zwischen den cari Ticinesi und den chers Romands können doch nicht sein? Dürfen nicht sein! Wer will denn schon, dass 5G ein Spaltpilz in unserem vielfältigen und in Freundschaft verbundenem Land ist?

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