Mobilfunk

Messbericht des Bundes: Grenzwerte für Handystrahlung weit unterschritten

Der erste Monitoringbericht des Bundes hält fest: Die Feldstärken von Funkanwendungen liegen überall weit unter den gesetzlich festgelegten Grenzwerten. Die Grenzwerte werden bei weitem nicht ausgeschöpft. Dies ist dem mehrfachen Vorsorgeprinzip geschuldet.

Frau mit braunen Haaren trägt ein herbstliches Outfit und hält ein Smartphone in der Hand. Die Sonne scheint ins Bild.

Im Juni 2022 hat das Bundesamt für Umwelt den ersten Monitoringbericht zu nicht-ionisierender Strahlung(öffnet ein neues Fenster) veröffentlicht. Nicht-ionisierende Strahlung entsteht durch elektrische Haushaltsgeräte, Strom- und Fahrleitungen, Funkanwendungen wie WLAN, Rundfunksender und natürlich auch durch Mobilfunk. Bei Funkanwendungen wie Mobilfunk nutzt man die "Strahlung" als Träger für Gespräche, Bilder oder Videos. Der Bundesrat hatte 2019 das BAFU beauftragt, ein nationales Monitoring zur Strahlenbelastung aufzubauen.

15 Millionen Messwerte

Für das Monitoring haben die Forschenden ein dichtes Netz aus Messpunkten definiert. Gemessen wurde an 70 Schweizer Orten, aufgeteilt in neun verschiedene "Mikroumgebungen", die von sehr ländlich bis zu sehr städtisch reichten. Die Forscher führten Messungen entlang von Routen (Routenmessungen) sowie an definierten Orten (Spotmessung) durch. Zum Monitoring hinzu kommen stationäre Dauermessungen, die über mindestens zwei Jahren durchgeführt werden. Für den ersten Bericht wurden über verschiedene Frequenzbänder an 453'959 Messzeitpunkten gut 15 Millionen Messwerte erfasst.

Die Resultate sind eindeutig, das BAFU schreibt in der Medienmitteilung vom 15.6.2022: "Die Ergebnisse des ersten Monitoringberichts zeigen, dass der Gesundheitsschutz gewährleistet ist. An Orten, an denen sich Menschen üblicherweise aufhalten, liegen die Feldstärken klar unterhalb des Immissionsgrenzwerts."

Schweizer Sonderweg

Das Schweizer Regelwerk unterscheidet den internationalen Immissionsgrenzwert (IGW) und den vorsorglichen Anlagegrenzwert (AGW). Überall dort, wo sich Menschen nur kurz aufhalten, gilt der IGW.

Als Schweizer Besonderheit kommt aber im Sinne einer zusätzlichen Vorsorge der strengere Anlagegrenzwert zum Zuge. Der AGW gilt dort, wo sich Menschen über einen längeren Zeitraum hinweg aufhalten, also beispielsweise in Büros, Spitälern, Wohnungen oder Schulen.

Natürlich enthält auch der internationale Grenzwert – ohne die Schweizer Verschärfungen – bereits genügend Vorsorge, um die Bevölkerung vor möglichen Wirkungen zu schützen. Ansonsten wäre ja nur die Schweizer Bevölkerung geschützt und der Rest der Welt nicht.

Doch der Schweizer Weg endet nicht bei dieser einen zusätzlichen Vorsorge. Verschärfend werden für die Baubewilligung zudem die erwarteten Feldstärken (Strahlung) mit technischen Vorgaben (sog. Worst-Case-Annahmen) hochgerechnet, welche wiederum mehrfach grosszügige Reserven enthalten. Das zeigt sich auch klar in den Messungen.

Der Bericht hält auf Seite 53 fest: "Die im ersten Jahr der Datenerhebungen gemessenen Feldstärken erreichten in öffentlich zugänglichen Bereichen maximal 15% des Immissionsgrenzwerts (IGW), in den allermeisten Fällen lagen sie im tiefen einstelligen Prozentbereich. In den bisher vermessenen Privatwohnungen (a.d.R. welche dem strengeren Anlagegrenzwert unterliegen) lag die maximale Ausschöpfung des Immissionsgrenzwerts unter 4%."

Eingeschränkte Datenlage in Wohnungen

Es gilt allerdings zu beachten, dass erst in vier von geplanten 100 Wohnungen gemessen worden ist. Das BAFU schreibt in seiner Mitteilung vom 15.6.2022 weiter: "In Privatwohnungen stehen die Messungen erst am Anfang. Die bisher gemessene Belastung ist durchwegs tief, aber die Anzahl der Messungen ist noch klein. Daher lassen sich noch keine allgemeingültigen Aussagen ableiten."

Kritische Zeitgenossen nutzen diesen Punkt als Steilvorlage, um die Resultate schlecht zu reden. Doch bereits die vorliegenden Resultate führen zu einer anderen Schlussfolgerung: Offensichtlich gibt es eine sehr grosse Diskrepanz zwischen den vorab berechneten Werten, welche für die Baubewilligung massgebend sind und denn effektiv gemessenen Werten, die dann tatsächlich im Betrieb anfallen.

Ungenau gerechnet?

Das Verfahren mit Worst-Case-Annahmen führt dazu, dass die Feldstärken in der Berechnung stark überschätzt werden, was sich auch im Messbericht widerspiegelt: die effektiv gemessenen Werte sind viel tiefer. Das ist dem mehrfachen Vorsorgeprinzip geschuldet.

Dies führt jedoch in der Folge dazu, dass die Betreiber selbst innerhalb des engen Schweizer Korsetts die zulässigen Leistungen nicht nutzen können. Obwohl die Leistung bereits massiv reduziert wird, kann auch diese nur unzureichend genutzt werden.

Was heisst das für den Netzbetrieb? Die Kapazität und Reichweite pro Antenne sinken, obwohl diese mehr leisten könnten und dürften. Wo die Nachfrage seitens Kundschaft steigt, braucht es auch mehr Antennen, weil die bestehenden mit angezogener Handbremse funktionieren müssen. Mit einer realistischen Bemessung könnte man teilweise weitere Antennen vermeiden.

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