Mobilfunk

2022 war das Jahr der eidgenössischen Mobilfunkberichte

Zu Mobilfunk ranken sich bekanntlich viele Märchen und Mythen. Diese wiederum verunsichern viele Menschen. Einmal in die Welt gesetzt, halten sie sich hartnäckig. Umso wichtiger ist eine faktenorientierte Diskussion auf Basis systematischer Erhebungen und Messungen. Der Bund und seine Ämter haben 2022 zu 5G und Mobilfunk umfassende Berichte veröffentlicht.

Das Bundeshaus in Bern

2022 war das Jahr der Berichte zu Mobilfunk und zu Strahlenbelastung. Die zuständigen Bundesämter haben drei wichtige Erkenntnisberichte veröffentlicht, die wir in diesem Beitrag einordnen. Die technische Entwicklung des Mobilfunks geht genau dahin, wo sie mobilfunkkritische Geister seit bald 30 Jahren haben wollen: so wenig Strahlung wie möglich, so viel wie nötig.   

1. Bericht «Nachhaltiges Mobilfunknetz»  

Der erste Bericht des Bundesrats geht zurück auf das Postulat 19.4043 der Thurgauer Ständerätin Brigitte Häberli-Koller im Jahr 2019. Es verpflichtete den Bundesrat unter anderem zu prüfen, wie man den «Strahlenschutz» optimal erreichen und gleichzeitig die Einführung der aktuellen Mobilfunkgeneration sicherstellen kann.

Der Bericht hielt fest, dass 5G-Netze «klare Vorteile» bezüglich Leistungsfähigkeit und «Strahlenbelastung» gegenüber den älteren Standards haben. Der Autor hadert mit dem Begriff Strahlenbelastung, denn dieser ist unpräzise, doppelt negativ konnotiert und suggeriert eine Gefahr, die wissenschaftlich nicht nachgewiesen wurde. Es handelt sich um klassisches Framing. Item, der Bericht zeigt auf, dass der Ausbau von 5G-Netzen mit adaptiven Antennen und einer grossen Antennendichte die geringste Exposition durch Strahlung erzeugen würde. Der Bericht hält also fest, was in den diversen Blogbeiträgen mehrmals erklärt worden ist: Die Antenne gehört ins Dorf, und zwar mitten ins Dorf, wenn man die Exposition durch Strahlung vermindern will.

2. Monitoringbericht zu nichtionisierender Strahlung

Der zweite Bericht des BAFU befasst sich mit einem systematischen Monitoring von Mobilfunkimmissionen. Hier geht es also nicht um Theorie, sondern um konkrete Messungen, die zeigen, welche Behauptungen stimmen und welche nicht. Forschende haben dafür 15 Millionen Messpunkte ausgewertet. Gemessen wurde an 70 Schweizer Orten, aufgeteilt in neun verschiedene "Mikroumgebungen", die von sehr ländlich bis zu sehr städtisch reichten.

Die Experten führten Messungen entlang von Routen sowie an definierten Orten durch. Sie gelangten zum Ergebnis, dass die Grenzwerte bei weitem nicht ausgeschöpft werden. Wörtlich schrieben die Autoren auf Seite 53: «Die (…) gemessenen Feldstärken erreichten in öffentlich zugänglichen Bereichen maximal 15% des Immissionsgrenzwerts (IGW), in den allermeisten Fällen lagen sie im tiefen einstelligen Prozentbereich. In den bisher vermessenen Privatwohnungen (a.d.R. welche dem 10-fach strengeren Anlagegrenzwert unterliegen) lag die maximale Ausschöpfung des Immissionsgrenzwerts unter 4%.»

Die Datenlage in Wohnungen ist im ersten Bericht noch eingeschränkt, was kritischen Zeitgenossen als Steilvorlage dienen kann. Der Bericht zeigt aber auch etwas anderes: Offensichtlich führen die geltenden Verfahren mit mehrfachen Sicherheitsmargen dazu, dass die Funksignale in der Berechnung stark überschätzt werden und die Grenzwerte in der Realität bei weitem nicht ausgeschöpft werden können.

Diese grosse Diskrepanz hat Folgen: Wo die Nachfrage seitens Kundschaft steigt, braucht es auch mehr Antennen, weil die bestehenden mit angezogener Handbremse funktionieren müssen. Mit einem realistischen Vollzug der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) könnte man teilweise weitere Antennen vermeiden. Kritische Leserinnen und Leser bemerken, dass man in der Schweiz eine ausgesprochen einseitige Risikobetrachtung favorisiert – und sie haben damit nicht unrecht.  

3. Elektrische Feldstärken im Wirkbereich von Mobilfunkantennen

Der dritte Bericht, erstellt vom BAKOM, untersucht adaptive Antennen im Detail. Unter dem etwas sperrigen Titel verbirgt sich eine sehr konkrete Erkenntnis. Der Bericht zeigt auf, dass die oft gescholtenen adaptiven Antennen – man hat dazu schon den Begriff Teufelszeug gehört – die Funksignale reduzieren. Erklärt wird es so: «Bei den adaptiven Antennen hingegen sind die Funksignale nur dann messbar, wenn die Endgeräte, welche Daten anfordern, sich in der Nähe des Messstandortes befinden. Dies zeigt sich durch tiefere Mittelwerte der Feldstärke bei den adaptiven Antennen im Vergleich mit konventionellen Antennen». Zur Erinnerung: Die bisherigen konventionellen Antennen senden konstant in alle Richtungen. Oder bildhaft: Die bisherigen Antennen sind wie Konzertlautsprecher, die alle beschallen, die neuen Antennen hingegen funktionieren wie Kopfhörer. Nur wer Musik hören will, hört auch etwas.  

Last but not least haben die drei Bundesämter BAFU, BAKOM und BAG eine gemeinsame Infoplattform www.5g-info.ch aufgeschaltet. Darin beantwortet der Bund Fragen rund um Mobilfunk zu Technik, Strahlenbelastung, Gesundheit und mehr.

Die Berichte des Bundes haben Klarheit geschaffen und mit Messungen schwarz auf weiss Tatsachen belegt. Die Entwicklung geht weiter. Die Technologie wird besser. Die Immissionen durch Funkstrahlung bleiben sehr tief, obwohl heute jede und jeder 200 Mal mehr Daten als vor 10 Jahren konsumiert. Vieles was Mobilfunkkritiker fordern, erfüllt 5G. Adaptive Antennen reduzieren Immissionen für Nicht-Nutzer. Wer Bedenken hat, sollte den Ausbau der neusten Generation unterstützen. Blockaden von Antennenprojekten in den Dörfern führen daher genau zum Gegenteil von dem, was meist gefordert wird: mehr statt weniger Strahlung für die Nutzerinnen und Nutzer.

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