Gebrauchte Handys wiederverwerten

Der vergessene Schatz in unseren Schubladen

Beim Kauf eines neuen Handys lässt über die Hälfte der Schweizer ihr altes Gerät links liegen. Dabei wären die heiss begehrt, denn der Welt gehen die Rohstoffe für neue Geräte langsam aus. Swisscom kämpft darum mit zwei Programmen gegen das Vergessen von Altgeräten – und die bringen nicht nur dem Nutzer, sondern auch Kindern in Not Geld.

Roger Baur, 5. Dezember 2017

In der Öffentlichkeit spielt diese Frage noch kaum eine Rolle. Unter Experten aber wird sie schon heiss diskutiert: Wie viele Smartphones gibt die Erde eigentlich noch her? Denn tatsächlich besteht ein Handy aus über 50 Stoffen, von denen einige nur noch sehr begrenzt auf unserem Planeten vorhanden sind, darunter die sogenannten «seltenen Erden». Andere wiederum sind zwar in genügender Zahl vorhanden, aber nur mit sehr viel Energieaufwand zu gewinnen. Je mehr sich also Handys und Smartphone verbreiten – umso dringlicher wären nachhaltige Lösungen wie Recycling. Doch ausgerechnet die intensivsten Smartphone-Nutzer haben dafür eine überraschend tiefe Affinität, wie die jüngste JAMESfocus-Studie zeigt. Diese Studie analysiert jährlich das Medienverhalten der Schweizer Jugendlichen und beleuchtete 2017 insbesondere den Umgang mit Nachhaltigkeit. Und kommt zum Schluss: Schweizer Jugendliche ersetzen ihr Smartphone im Durchschnitt alle 1,9 Jahre. Aber nicht einmal die Hälfte davon schenkt dem Vorgängermodell ein zweites Leben. Da sammelt sich selbst in jungen Jahren schon einiges an altem Gerät an.

Wenig nachhaltig: Nicht einmal die Hälfte der Schweizer Jugendlichen übergibt ihr altes Handy der Wiederverwertung. Bild: Keystone

Die Autoren der JAMESfocus-Studie haben berechnet, dass alleine die Schweizer Jugendlichen eine halbe Million Handys ungenutzt lagern. Rechnet man die nicht weiter quantifizierte Dunkelziffer der älteren Nutzer hinzu, dürften in der Schweiz Millionen von Geräten einen stillen Tod in Kellern, Schränken und Schubladen sterben. «Damit vergeben wir eine riesige Chance, auf bequeme Art etwas Sinnvolles für eine gesunde Umwelt zu tun. Und wir erhöhen aus Bequemlichkeit das Risiko, dass eines Tages der Smartphone-Nachschub ausbleibt oder unbezahlbar wird», erklärt Marius Schlegel von Swisscom. Sein Team arbeitet darum schon seit Jahren an Lösungen, um an diesen verborgenen Schatz zu kommen. Nachhaltigkeitsexperte Marius Schlegel lacht: «Tatsächlich sind sich viele nicht bewusst, dass sie so ganz viel Geld einfach verschenken. Denn ein zweijähriges Gerät hat noch einen hohen Wert. Und selbst ein Uralthandy zurückzugeben macht Sinn, wenn auch nicht aus persönlichen finanziellen Überlegungen.»
Mit zwei Programmen kämpft Swisscom darum nun gegen das geräteunwürdige zu-Tode-lagern: Mit «Mobile Bonus» können Kunden ihr altes Gerät ganz einfach verkaufen. Dazu entwickelten die Techniker von Swisscom ein Online-Tool, mit dem sich der Restwert des Gerätes online berechnen lässt.

«Mit der Wiederverwertung haben wir die Möglichkeit, gleich mehrfach Gutes zu tun», erklärt Nachhaltigkeitsexperte Marius Schlegel.

«Dann muss ich das Gerät nur noch einsenden und kann kassieren. Für ein zweijähriges iPhone liegen bis zu 300 Franken drin», erklärt Marius Schlegel. Ein weiteres Angebot gegen das Handy-Vergessen ist «Mobile Aid»: Sämtliche Einnahmen, die Swisscom mit dem alten Gerät erzielt, fliessen hier ohne Abzüge an die Stiftung SOS Kinderdorf.
So oder so: Alle eingesandten Geräte gibt Swisscom weiter an «Réalise», eine Organisation, die sich auf die Wiedereingliederung von Sozialhilfebezügern spezialisiert hat. Dort werden zuerst alle persönlichen Daten gelöscht. Funktionierende Geräte werden nach sorgfältiger Aufbereitung als Occasions-Handys weiterverkauft - die restlichen rezykliert durch das Ostschweizer Unternehmen Solenthaler Recycling, das dazu ebenfalls mit einer Sozialfirma zusammenarbeitetet. Das Recycling führt die enthaltenen Rohstoffe und Metalle einem neuen Nutzungskreislauf zu. «Hier zählt wirklich jedes Gerät, egal wie alt, egal wie defekt», erklärt Marius Schlegel. Alte Geräte können darum in jedem Swisscom Shop gespendet werden – oder kombiniert mit dem Restwertprogramm «Mobile Bonus»: Errechnet ein Kunde via Mobile Bonus den Wert seines Gerätes, hat er die Möglichkeit die ganzen Einnahmen oder ein Teil davon an «Mobile Aid» und damit an ein SOS Kinderdorf zu spenden. Marius Schlegel: «Wir alle haben damit die Möglichkeit, gleich mehrfach Gutes zu tun. Für Kinder in Not, aber auch für eine intakte Natur.» Alles, was es dazu braucht, ist ein Griff in die Schublade oder einen staubigen Karton. Das habe, schmunzelt Marius Schlegel, mitunter auch Unterhaltungswert. «Mit jedem Gerät verbinden wir ja auch viele Erinnerungen. Und die mal wieder auszupacken, kann auch ganz spannend sein.»

Nationale Handy Sammeltage

Am 6. und 7. Dezember 2017 führte Swisscom eine schweizweite Mobile Aid Sammelaktion durch. In den Bahnhöfen von Basel, Bellinzona, Bern, Genf, Lausanne, Luzern, St. Gallen und Zürich standen über 120 freiwillige Helfer bereit - vom Lernenden bis zum CEO - um möglichst viele ungenutzte Handys der Pendler einzusammeln. Der Erlös aus der Sammelaktion wurde vollumfänglich an SOS-Kinderdorf gespendet.

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Mobile Aid & Mobile Bonus

Mit zwei Programmen fördert Swisscom die Wiederverwertung nicht mehr genutzter Handys.

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