Neue Studie zum Schweizer Breitbandmarkt

«Der Wettbewerb im Schweizer Breitbandmarkt spielt.»

Zu diesem Ergebnis kommt Professor Dr. Klaus Gugler der Wirtschaftsuniversität Wien in einer neuen Studie zur Lage im Schweizer Breitbandmarkt. Diese beleuchtet, wie viel Regulierung notwendig und sinnvoll ist – und zeigt die Konsequenzen einer Ausdehnung der Zugangsregulierung auf neue, glasfaserbasierte Anschlussinfrastrukturen auf. Im Interview erläutert er die Ergebnisse. Die Studie wurde im Auftrag von Swisscom als Replik und kritische Würdigung des im November 2017 erschienen Policy Papers «Zur Lage des Wettbewerbs im Schweizer Breitbandmarkt» des Wissenschaftlichen Instituts für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) verfasst.

Wie beurteilen Sie den Wettbewerb im Schweizer Breitbandmarkt?

Der Schweizer Breitbandmarkt und der Netzausbau präsentieren sich im internationalen Vergleich in einem sehr guten Zustand. Das Angebot und die Verbreitung, aber auch die Nachfrage nach schnellen Internetverbindungen sind im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hoch. Gleichzeitig sind die Preise kompetitiv. Sie liegen im Ländervergleich im Mittelfeld. Ein weiterer zentraler Indikator sind die Investitionen. Diese sind in der Schweiz sehr hoch, und die Hochbreitbandnetze werden durch die Netzbetreiber zügig ausgebaut. Kurz: Der Wettbewerb im Schweizer Breitbandmarkt funktioniert.

Weshalb kommen Sie bei der Beurteilung der Wettbewerbssituation zu einem anderen Ergebnis als das Policy Paper von WIK?

WIK äussert sich nicht zur Frage, ob der Wettbewerb heute wirksam ist. Vielmehr behauptet es, wegen fehlender Regulierung sei der Spielraum für Wettbewerb begrenzt und die zukünftige Wettbewerbsdynamik werde abnehmen. Dies sind Spekulationen. Sie entbehren aber einer wissenschaftlichen Grundlage, was Aussagen über die zukünftige Entwicklung noch ungewisser macht. Nicht vergessen werden darf, dass Regulierungen immer ihren Preis haben. So wissen wir, dass sie sich negativ auf Investitionen auswirken und damit ebenfalls das Ziel des Wettbewerbs negativ beeinflussen können – nämlich die Verfügbarkeit von guten Infrastrukturen. Es ist zudem unklar, was WIK unter Wettbewerb versteht. Wir unterlegen unserer Studie ein wettbewerbsökonomisches Konzept: Der Wettbewerb muss gleichzeitig ein gutes Preis-Leistungsniveau sowie genügend Investitionen in den Netzausbau sicherstellen. Anhand von internationalen Vergleichen beobachten wir, dass diese beiden an sich gegenläufigen Ziele in der Schweiz gut erreicht werden. Für uns gibt es keine Anhaltspunkte, dass dies in Zukunft nicht auch so sein sollte.

Was ist das Erfolgsrezept für den funktionierenden Wettbewerb?

Ein zentraler Faktor für die guten Marktergebnisse ist der effektive, landesweite Wettbewerb zwischen verschiedenen Netzen. In der Schweiz sind nebst dem Swisscom Netz auch faktisch landesweit Kabelnetze verfügbar. Über 80% aller Haushalte haben beide Anschlüsse. Hinzu kommen zahlreiche Glasfasernetze von Elektrizitätswerken. Damit hebt sich die Schweiz von vielen EU-Ländern ab. In den meisten EU-Ländern hat sich auch 20 Jahre nach der Marktliberalisierung noch kein vergleichbarer Infrastrukturwettbewerb durchgesetzt.

Aus ökonomischer Sicht dürfte zudem der Deregulierungsansatz anlässlich der letzten Revision des Fernmeldegesetzes wesentlich zur heutigen Marktsituation beigetragen haben. Damals hat man bewusst darauf verzichtet, neu gebaute Netze zu regulieren. Stattdessen hat der Schweizer Gesetzgeber die Regulierung auf alte PTT-Netze aus der Monopolzeit eingeschränkt.

Sowohl das WIK wie auch die Botschaft des Bundesrates zur Fernmeldegesetzrevision verlangen die Ausdehnung der Zugangsregulierung auf neue glasfaserbasierte Netze beziehungsweise die Bereitstellung des Regulierungsinstruments. Was halten Sie davon?

Ein regulatorisches «Eingriffsinstrumentarium bereitzuhalten», nur um im Fall der Fälle bei Wettbewerbsproblemen eingreifen zu können, wäre aus wettbewerbs- und regulierungspolitischer Sicht problematisch. Auf dieser hypothetischen Argumentationsebene könnte jegliches Regulierungsinstrumentarium begründet werden. Die Auferlegung von Regulierungsmassnahmen bedarf vielmehr eines empirisch begründeten Nachweises von Wettbewerbsproblemen sowie des Nachweises, dass bestimmte Regulierungsinstrumente zur Lösung der jeweiligen Wettbewerbsprobleme auch geeignet, angemessen und verhältnismässig wären. Der damit einhergehende Eingriff ist einschneidend und bringt, insbesondere wenn er falsch eingesetzt wird, volkswirtschaftlich hohe Kosten mit sich. Wir kommen zum Schluss, dass angesichts der Marktergebnisse im Schweizer Breitbandmarkt sowie der anstehenden Investitionen die volkswirtschaftlichen Kosten einer solchen Regulierung grösser wären als deren Nutzen. Mehr Regulierung würde den Wettbewerb – insbesondere den Infrastrukturwettbewerb – schwächen. Gleichzeitig gibt es keine Hinweise, dass ebendiese Regulierung zu mehr Wohlstand – also tiefere Preise oder bessere Produkte – führen würde.

Policy Paper WIK: «Zur Lage des Wettbewerbs im Schweizer Breitbandmarkt»

Im November 2017 hat das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK) im Auftrag der Sunrise Communications AG, UPC Schweiz GmbH und des Verbandes SUISSEDIGITAL das Policy Paper zur Lage des Wettbewerbs im Schweizer Breitbandmarkt publiziert. Das Paper kommt zum Schluss, dass der Wettbewerb vor allem im Breitbandmarkt zunehmend gefährdet sei. Zur Sicherung des Wettbewerbs sieht das Paper vor, die bestehende Zugangsregulierung auf neue, glasfaserbasierte Anschlussnetze auszudehnen und meint, dies würde allen Anbietern ermöglichen, vergleichbare Endkundenprodukte anzubieten.

WIK «Zur Lage des Wettbewerbs im Schweizer Breitbandmarkt»(öffnet ein neues Fenster)

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