Künstliche Intelligenz
Die Künstliche Intelligenz hat längst die Kinoleinwand verlassen und ist Teil unseres Alltags geworden. Siri, Alexa oder Google Translate sind Anwendungen, die viele nutzen. Dank AI wird Sprachsteuerung immer besser und macht den Umgang mit Technologie menschlicher. Wir zeigen fünf Beispiele, wie Swisscom Artificial Intelligence einsetzt.
Ladina Camenisch, Sascha Bianchi & Bruno Böhlen, 12. Oktober 2017
Die Datenflut nimmt laufend zu: Über 500'000 GB Daten werden täglich allein auf dem Mobilfunknetz von Swisscom übertragen. Computer, Smartphones und Sensoren generieren immense Mengen an Daten. Bereits heute lässt sich dieser Datenberg ohne Hilfe kaum mehr analysieren und nutzen. Die Künstliche Intelligenz (Artificial Intelligence oder AI) kann hier weiterhelfen.
Mostafa Ajallooeian von Swisscom Innovations erklärt im Video, wie dank künstlicher Intelligenz alte unscharfe Videos in neuem Glanz erstrahlen. Video Gesamtlänge 01:00 Min.
Der Begriff künstliche Intelligenz wird oft in Verbindung mit Big Data gebracht. Was aber ist der Unterschied zwischen den beiden? Schliesslich nutzen sowohl Big Data als auch künstliche Intelligenz grosse Datenmengen und liefern am Ende Resultate. Der Unterschied liegt in der Antizipation von intelligentem Verhalten: Big Data analysiert Daten und präsentiert am Ende das gewünschte Ergebnis. Künstliche Intelligenz analysiert ebenfalls Daten, lernt aber mit und erkennt Zusammenhänge, welche uns vorher nicht bekannt waren. Besonders wichtig: Am Ende macht AI einen eigenen Lösungsvorschlag. Wir zeigen fünf Beispiele, wo und wie Swisscom auf Artificial Intelligence setzt.
Mitarbeitende im Kundendienst haben eine schwierige Aufgabe. Einerseits steigt mit jeder eingehenden Anfrage die Menge an Informationen und andererseits sind diese an unterschiedlichsten Orten gespeichert. Die Konsequenz: Gestresste Mitarbeitende und unzufriedene Kunden, die zu lange auf eine Problemlösung warten müssen. Dagegen gibt es aber bereits Lösungen.
«Mit der neuen AI-Lösung hat sich meine durchschnittliche Bearbeitungszeit deutlich verkürzt.»
Manuel Tschanz, Kundenberater
Cosmos wird für Anfragen von Privat- und KMU-Kunden eingesetzt, die per E-Mail oder Kontaktformular eintreffen. Dabei erkennt Cosmos das Anliegen des Kunden. Bei einfachen Routineanfragen macht das System den Kunden darauf aufmerksam, dass sein Anliegen im Kundencenter online erledigt werden kann – und sendet ihm die entsprechenden Links und Hilfeseiten. Damit ist der Kunde nicht mehr an die Öffnungszeiten der Hotline oder der Shops gebunden. Komplexere Anfragen leitet Cosmos an die zuständige Stelle zur Beantwortung weiter. Dank künstlicher Intelligenz verfeinert Cosmos sein Wissen stetig. Wird eine Frage falsch geroutet, reicht es, diese an die richtige Stelle zu senden, um das System weiter zu trainieren.
Marmo wird im Grosskundengeschäft eingesetzt und nutzt künstliche Intelligenz, um in der bestehenden Infrastruktur quellenübergreifend automatisch nach Lösungen zu suchen. Der Callagent tippt ein paar Schlagworte ein und schon sucht das System selbstständig nach ähnlichen Anfragen aus der Vergangenheit und macht in Sekundenschnelle einen Lösungsvorschlag. Der Call Agent entscheidet dann, ob die vorgeschlagene Lösung hilfreich war. So lernt das System laufend dazu und wird immer intelligenter. Kundenanliegen werden so besser, schneller und personalisierter behandelt.
Ähnlich soll dereinst der Chat Bot funktionieren, den Swisscom als Ergänzung zu den klassischen Servicekanälen wie Shop und Hotline per Ende 2018 einführen will. Der Service Bot bietet Hilfe auf Knopfdruck. Er erledigt administrative Kundenanfragen zu PIN- und PUK-Codes oder zu technischen Anliegen. Dazu kann er einfache Produktberatungen selbstständig durchführen. Als Teil einer App richtet sich der Bot an Personen, die ihre Anliegen am liebsten online erledigen – und dies rund um die Uhr. Genau wie Cosmos und Marmo lernt auch der Service Bot dank künstlicher Intelligenz mit jeder Anfrage dazu. Kommt er nicht mehr weiter, leitet er die Anfrage an einen Callagent weiter. Und steht somit nicht in Konkurrenz mit diesem, sondern ist viel mehr der elektronische Kollege, der Hand in Hand mit dem Team arbeitet. Der Service Bot wird in den nächsten Wochen intern und Anfang 2018 mit ausgewählten Kunden getestet.
Um die Lieblingsserie zu finden, können Swisscom TV 2.0-Kunden die Suchfunktion nutzen. Bislang mussten sie dafür mit der Fernbedienung einen Suchbegriff eintippen. Das geht seit 2016 einfacher. Es reicht, den Namen der Sendung in das Mikrofon der Fernbedienung zu sprechen, dann sucht die neue UHD Box Filme, Sendungen oder Fussballmatchs. Das Besondere daran: Die Fernbedienung versteht auch Schwyzerdütsch. Die Spracherkennung soll in Zukunft noch öfters verwendet werden. Eine Möglichkeit wäre in Call Centern: Die minutenlange Navigation durch das "Drücken Sie bitte die Taste zwei"-Labyrinth könnte bald der Vergangenheit angehören. Stattdessen reicht es, wenn ein Kunde im eigenen Dialekt sagt: "Ich han ä Froog zu minere Rächnig vum Juli" und schon landet er bei der richtigen Person im Unternehmen.
«Eine grosse Herausforderung bei der Entwicklung der Sprachsuche für Swisscom war, die Algorithmen auf unsere Landessprachen und Dialekte zu trainieren.»
Dr. Felix von Reischach
Head of Product Management Artificial Intelligence bei Swisscom
Wie aber lernt eine Maschine Schweizerdeutsch? Die Experten füttern den Computer mit Hochdeutschen und Schweizerdeutschen Daten und zeigen ihm, was das Gleiche bedeutet. Dazu wurden x Stunden Filmmaterial und unzählige Bücher eingelesen – Voraussetzung ist, dass die Quellen sowohl auf Hochdeutsch als auch auf Dialekt existieren. Je mehr Daten in unterschiedlichen Dialekten eingelesen werden, umso besser funktioniert die künstliche Intelligenz. «Die Schweizermacher» oder «Schellenursli» werden so zum Fundus für neue AI-Lösungen.
First Level Kundenberater erhalten hunderte E-Mails am Tag. Einen Teil davon beantworten sie direkt, viele Nachrichten müssen sie jedoch an Experten weiterleiten. Diese sind im ganzen Unternehmen verstreut. So kommt es häufig vor, dass ein Mail auf eine Odyssee durch das ganze Unternehmen geht, bevor es zur richtigen Ansprechperson gelangt. Im Rahmen eines Pilotprojektes hat Swisscom für ein führendes Schweizer Finanzinstitut einen Algorithmus entwickelt, der die manuelle E-Mail Klassifizierung überflüssig macht. Das System liest die Informationen einer Mail und leitet sie automatisch an den richtigen Empfänger weiter. Die Lösung kann aber noch mehr: Sie anonymisiert vertrauliche Daten, erkennt die Sprache, identifiziert gewisse Schlüsselwörter oder besondere Kunden.
Um die künstliche Intelligenz zu trainieren, wurden zuerst alte Daten des Kunden ausgewertet und der Algorithmus mit Grundfunktionalitäten trainiert. Anschliessend haben Mitarbeitende der Bank während vier Wochen die Resultate überwacht und mit einem Klick bewertet. Wurde das Mail an die richtige Abteilung weitergeleitet? Die Rückmeldung dieser Mitarbeitenden floss direkt in die Weiterentwicklung des Algorithmus ein und so lernte das System laufend dazu. Mittlerweile übertrifft der Algorithmus die Trefferquote der Kundenberater.
Bei Swisscom arbeiten verschiedene Teams an der Entwicklung und der Integration von Artificial Intelligence Lösungen. Der Schwerpunkt liegt aktuell bei der Effizienzsteigerung von vorhanden Prozessen, der Weiterentwicklung der Netzsicherheit sowie der Spracherkennung im Schweizerdeutschen. Dafür entwickelt Swisscom einerseits eigene Algorithmen, andererseits greift es auf Algorithmen zurück, die öffentlich bereits zur Verfügung stehen und kombiniert diese mit eigenen Datensätzen. Unterstützt wird Swisscom von der EPFL in Lausanne und anderen Universitäten.
Das Artificial Intelligence Kompetenzzentrum von Swisscom und EPFL bietet Schweizer Unternehmen rasche und einfache Anwendung künstlicher Intelligenz.