Kaum ein Zürcher, der den massiven Sendeturm auf dem Albisgrat nicht kennt: Weit sichtbar thront der Betonkoloss seit über fünfzig Jahren auf der Felsenegg, die grossen Parabolspiegel wie riesige Augen auf das Geschehen in der Ferne gerichtet. Doch die grossen Spiegel sind heute blind, der Turm hat seinen Dienst getan – und bald ist der alte Felseneggturm Geschichte. Denn seit einigen Monaten steht an seiner Seite ein moderner, filigraner Stahlmast. Er löst seinen ins Alter gekommenen Vorgänger ab und überträgt seit Ende Oktober 2021 Rundfunk- und Flugfunksignale sowie Signale für UKW, DAB+ und für das Low Power Network.
1963 nahm der erste Felseneggturm den Betrieb auf. Damals war er die wichtigste Technik- und Schaltzentrale für Fernsehübertragungen in der gesamten Schweiz. Von hier aus wurden die vom Fernsehstudio in Zürich ausgehenden Signale landesweit verteilt. Um Mitternacht Uhr kippte der letzte Mitarbeitende den Schalter um und in der ganzen Schweiz verstummten die Fernsehgeräte. Bis zu zwölf Mitarbeitende hatten damals im Turm ihren Arbeitsplatz. Für die Mannschaft war der Felseneggturm allerdings nicht nur Büro, sondern auch Wohnort: Rund um die Uhr sorgten sie für den sicheren Betrieb. Doch mit der zunehmenden Automatisierung und der modernen, leistungsstärkeren Technologie verlor der grosse Turm an Bedeutung. Heute braucht es für die gleiche Sendeleistung nur noch einen Bruchteil des Platzes und sämtliche Schaltungen können aus der Ferne gemacht werden – keiner muss mehr vor Ort sein.
"Der alte Betonturm ist für heutige Zwecke schlichtweg überdimensioniert", erklärt Walter Haas, Regionenleiter Ost von Swisscom Broadcast. "Die meisten Innenräume stehen seit Jahren leer."
Dass der alte Mast stark renovierungsbedürftig ist und eine neue Lösung gebraucht wurde, war schon lange klar – und doch hätte es beinahe keine Abrisserlaubnis gegeben. «2017 wurde der Turm als schutzwürdiges Objekt im kantonalen Inventar für schützenswerte Bauten aufgenommen. Und es war unklar, wie sich diese Tatsache auf das Projekt auswirken wird», erklärt Walter Haas. Das Projekt Masterneuerung drohte somit bereits in der Planungsphase zu scheitern. Es folgten zahlreiche Briefwechsel, intensive Gespräche, viele Besichtigungen vor Ort und diverse Gutachten von den kantonalen Behörden. Im März 2019 wurde der Felseneggturm aus dem kommunalen Denkmalschutzinventar der schützenswerten Bauten der Gemeinde Stallikon entlassen.
Knapp ein Jahr später, im Februar 2020, hat Swisscom Broadcast ihr Baugesuch eingereicht. Ein neuer, filigraner Gittermast aus Stahl sollte seinen Vorgänger ablösen. Das Baugesuch wurde gutgeheissen und die Fachleute haben Anfang Dezember 2020 nur dreissig Meter vom alten Turm entfernt mit dem Bau des neuen begonnen. "Während den gesamten Bauarbeiten blieb die bestehende Richtfunkanlage auf dem alten Turm in Betrieb, um die Versorgung der Region mit Signalen jederzeit sicherzustellen", erklärt Marc Christen, Projektleiter von Swisscom Broadcast. Erst nachdem die Antennenspitze am angestammten Platz war und alle Funktionen übertragen werden konnten, folgte die Umschaltung.
Zurzeit ist die zweite Phase im Gange, es geht um den Rückbau. Eine Sprengung des bestehenden Turms ist auf dem Albisgrat keine Option. Deshalb wird der Turm mit Kran und Kleingeräten Geschoss um Geschoss abgetragen. Die Rückbauphase ist voraussichtlich Mitte 2022 abgeschlossen.
In der dritten und letzten Phase wird die Umgebung renaturiert, in einem mit der Gemeinde, dem Kanton und dem Forstamt abgesprochenen Gestaltungskonzept. Diese Phase wird ebenfalls rund sechs Monate dauern und sollte bis Ende 2022 abgeschlossen sein.
Alter Felseneggturm | Neuer Felseneggturm | |
Baujahr | 1963 | 2021 |
Konstruktionsart | Hexagonaler Betonturm | Fachwerkmast (Gittermast) aus Stahl |
Höhe | 77.4 Meter inkl. aufgesetztem Rohrmast | 73.16 m inkl. Lanze |
Funktion | Richtfunk, früher TV- und Telefonsignale (Keine Mobilfunk-Antennen, einschliesslich 5G) |
Relais-Station zur Übertragung von UKW/DAB+, Richtfunk, Flugfunk, Low Power Network-Signalen für das Internet der Dinge und Telehousing (Keine Mobilfunk-Antennen, einschliesslich 5G) |
Abbau | Voraussichtlich Mitte 2022 | - |
Swisscom Broadcast gehört zur Swisscom Gruppe. Das Schweizer Unternehmen baut, betreibt und unterhält Rundfunk-, Sicherheitsfunk- und Betriebsfunknetze und stellt 450 Sendestandorte zur Mitbenutzung zur Verfügung. IPTV- und Web-TV-Plattformen sowie Videoüberwachungslösungen rund das Portfolio von Swisscom Broadcast ab. Die Unit Swisscom Event & Media Solutions ergänzt das Angebot mit temporären ICT-Dienstleistungen für die Event- und Medienbranche. swisscom.ch/broadcast
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