Mein Ich in
der digitalen Welt

8 Minuten

Selbstdarstellung:
Sicherheit & Authentizität im Netz

Auf sozialen Netzwerken wie Instagram oder TikTok zeigen wir Menschen uns von unserer besten Seite. Wir wollen gefallen und tun dafür alles Erdenkliche. Unsicherheiten verschweigen wir. Doch wie weit gehen wir, und was ist am Ende überhaupt noch echt? In einer Welt voll von Filtern, Inszenierung und Verzerrung müssen wir und unsere Kinder lernen, uns zu orientieren. Diese Seite soll dazu als Leitfaden dienen.

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Thema

Schein oder Sein auf Social Media 

Nutzer*innen sozialer Netzwerke setzen sich mit jeder Veröffentlichung den Blicken und Meinungen anderer aus. Um positive Resonanz bemüht, präsentieren sie sich von ihrer besten Seite: Vorteilhaft möchten sie aussehen und zeigen, wie spannend ihr Leben ist. Der inszenierte Alltag scheint perfekt – Ängste und Unsicherheiten bleiben oft unerwähnt.

Entsprechend wimmelt es auf Social Media nur so von erfolgreichen und inspirierenden Menschen. Besonders jüngere Nutzer*innen lassen sich von diesen Idealen gerne beeinflussen. Manchmal auch täuschen oder sogar unter Druck setzen. Um ähnlich attraktiv und makellos auftreten zu können, wird fürs perfekte Bild gerne auch mal «nachgeholfen». 

Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Integrierte Funktionen: Fotos oder Videos können beim Upload ausgewählter Plattformen mit einer Vielzahl von Filtern versehen werden. Dabei werden zum Beispiel Hautunreinheiten wegretuschiert, die Lippen werden voller, die Augen grösser, das Doppelkinn verschwindet.  
  • Software für Bildbearbeitung: Manchmal wird sogar zu Programmen wie Adobe Photoshop oder GIMP gegriffen, um Beine zu verlängern, Falten zu eliminieren oder überflüssige Kilos zu kaschieren.   
  • Green Screens: Selfies mit den eigenen vier Wänden im Hintergrund können langweilig wirken. Tools mit «Green Screens» helfen dabei, sich selbst rasch und einfach vor einen spannenden Hintergrund wie einen hohen Berggipfel oder an einen schneeweissen Sandstrand zu transportieren.   
  • Wertvolle Objekte: Teure Autos, schicke Kleidung und privater Pool – Geld bedeutet für viele Erfolg. So posen viele Influencer*innen mit ihren wertvollen Errungenschaften. Aus Sicht der Betrachtenden ist dabei oft nicht klar, was davon wirklich ihnen gehört und was bloss gemietete Requisite oder gar Werbung ist.   
  • Attraktiv durch Fitness: Sportlich zu sein gilt heute als attraktiv. So ist es kaum verwunderlich, dass viele Inhalte auf sozialen Netzwerken in sportlichem Kontext stehen und Nutzer*innen gerne mit gestählten Körpern und sportlichen Bestleistungen begeistern. Dem ist generell nichts entgegenzusetzen, es sei denn, der Druck auf weniger sportliche Nutzer*innen steigt deswegen. 

Thema

Chancen und Risiken der
Selbstdarstellung im Netz 

Jugendliche zwischen 15 und 22 Jahren sehen in einer von Swisscom durchgeführten nicht repräsentativen Umfrage zum Thema «Selbstdarstellung im Netz» unterschiedliche Chancen und Risiken. Dass es beides gibt und ein positives Erlebnis im Netz vom eigenen Umgang mit dem Thema abhängt – da sind sie sich generell einig. 

Positive Rückmeldung auf eigene Posts in Form von Kommentaren oder Likes sorgen für Glücksgefühle, da stimmen die Meinungen der Jugendlichen überein. Es sei ein schönes Gefühl, eine eigene Welt zu gestalten und gelungene Bilder, Designs oder Musik zu veröffentlichen. Dafür Wertschätzung zu erhalten, mache stolz.

In sozialen Netzwerken können die Jugendlichen experimentieren und neue Seiten an sich selbst entdecken: etwa ein Leben als Fotograf*in oder als Reporter. Man könne auf Social Media andere motivieren, Gutes zu tun, sich selbst inspirieren lassen oder Leute mit ähnlichen Interessen kennenlernen.

Die Befragten erkennen aber auch Schattenseiten: «Wir sehen die Menschen nur mit ihren Filtern, mit ihren bearbeiteten Gesichtern und Körpern. Wie sie in der Realität aussehen, wissen wir nicht, und das ist relevant», lautet ein Statement aus der Umfrage. Jemand anderes ergänzt: «Ohne gewissenhafte Selbstreflektion wird man früher oder später in irgendeiner Form Persönlichkeitskomplexe entwickeln.»

Ständig das Beste zeigen und dabei immer noch besser werden zu müssen, sei anstrengend. Man entferne sich dabei von sich selbst, je mehr man sich in die online Person verwandle. Die Jugendlichen sind sich zwar bewusst, dass nicht alles echt ist, was auf Social Media veröffentlicht wird. Es sei aber auch «schwierig, ständig daran zu denken […] dass man nicht alles glauben soll.»

Dazu kämen schlechte Vorbilder (Rauchen, Alkohol, usw.) oder Influencer*innen, welche in den Jugendlichen ein Unwohlsein mit dem eigenen Körper auslösen, weil sie sich minderwertig fühlen. Auch in Hate Speech, Stalking oder Entblössung sehen die Jugendlichen eine Gefahr rund um die Selbstdarstellung.

Thema

Mit Filter und Retusche
zum perfekten Bild 

Soziale Netzwerke wie Instagram, TikTok oder Snapchat bieten den Nutzer*innen die Möglichkeit, ihre Fotos und Beiträge direkt in der Applikation zu bearbeiten. Mit integrierten Filter-Funktionen können Nutzer*innen zum Beispiel das Licht optimiert oder einzelne Bildpartien abändern. Durch diese Idealisierungen entsteht ein verzerrtes Bild der Realität.

Die Filter- und Retusche-Möglichkeiten variieren von App zu App:

  • Instagram: bietet eine Vielzahl von Filtern, mit denen ein Selfie «verschönert» werden kann: Nutzer*innen können die Beleuchtung, Tonalität oder Kontraste abändern, Hautpartien glätten oder Körperpartien in Form bringen. 
  • TikTok: bietet Video-Filter, mithilfe derer der «Mood» eines Clips stark aufgewertet werden kann. So gleicht ein Blur-Filter Hautunreinheiten aus oder die Augenpartie wird vergrössert. Solche Filter nutzen oft auch Funktionen künstlicher Intelligenz. 
  • Snapchat: wurde gerade wegen der grossen Auswahl an unterhaltsamen Filter zum Erfolg bei den Jugendlichen. Sie swipen von Filter zu Filter, wobei das eigene Selfie stark stilisiert wird: Verzerrungen, schablonisierte Darstellungen wie zum Beispiel älter machende Vorlagen oder ergänzende Attribute wie Herzen, Brillen oder Bärte verändern die Bilder manchmal bis zur Unkenntlichkeit.

In der Umfrage «Selbstdarstellung im Netz» haben wir die Jugendlichen auch gefragt: «Worauf achtest du dich, wenn du selbst postest?».

Hier ein paar Antworten:

«Keine Bearbeitung, alles pur …»

«Ich poste keine Bilder von mir.»

«Dass ich mich möglichst gut präsentiere, mich in ein gutes Licht stelle.»

«Dass ich nur poste, mit was ich mich auch wohl fühle.»

«Dass ich nicht zu viel von mir preisgebe, was andere gegen mich verwenden können.»

«Ich achte darauf, dass keine Personen, hässliche Dinge, Alkohol, politische Zeichen, Texte oder Werbung zu sehen sind, mit denen ich nicht assoziiert werden möchte.»

Thema

Klicks und Likes als Währung für
die eigene Beliebtheit  

Nutzer*innen lassen sich auf sozialen Netzwerken gerne inspirieren. Viele suchen aber auch nach Bestätigung und Anerkennung durch Likes, Kommentare oder Follower-Zahlen. Letztere haben damit starken Einfluss auf das eigene Selbstwertgefühl. 

Wer sich auf Social Media mutig, schön und unterhaltsam präsentiert, darf generell mit mehr Likes und Followern rechnen. Es ist verlockend, von diesen Zahlen auf die eigene Beliebtheit zu schliessen oder gar den eigenen Selbstwert daran zu messen.

Dies birgt aber auch Gefahren, denn oft vergisst man dabei die den Netzwerken zugrundeliegenden Algorithmen, die ihren Teil zur Sichtbarkeit der Posts beitragen. Auch die Online-Community kann erbarmungslos und launisch sein: An einem Tag gehen die Likes durch die Decke und am nächsten Tag gibt es schon keine mehr.

Tipps für einen selbstbewussten Umgang mit Klicks und Likes: 

  • Likes kommen und gehen: Erinnern Sie sich und Ihr Kind daran, den eigenen Selbstwert nicht auf flüchtige Zustimmung auf Social Media zu bauen, sondern wenn, dann auf liebevolle Rückmeldungen aus dem engen Umfeld. 
  • Bleiben Sie authentisch: Zu sich selbst stehen und sich nicht für Likes verkaufen ist langfristig gesünder, einfacher und glaubwürdiger. 
  • Besser ist nicht gleich besser: Es gibt vermutlich immer irgendwo auf der Welt jemanden, der oder die etwas besser kann als Sie oder ihr Kind. Sich selbst mit anderen zu vergleichen, kann darum auch toxisch sein. Erinnern Sie sich und Ihr Kind lieber daran, wo die eigenen Stärken liegen und loben Sie diese. 
  • Stehen Sie zu Ihrem Körper: Schönheitsideale ändern sich im Laufe der Zeit. Wir alle haben aber nur den einen Körper, zu dem wir unabhängig der Mode stehen sollten. Diese Meinung vertritt auch die Bewegung «Body Positivity», zu der sich immer mehr auch grössere Influencer*innen bekennen und dabei ganz bewusst zu den eigenen körperlichen «Mängeln» stehen.

Thema

Bewusst und sicher auf Social Media

Auf Social Media geben Nutzer*innen viel von sich Preis: Bilder, Einblicke ins Privatleben, Standorte oder Gedanken. Diese persönlichen Daten können aber auch in falsche Hände geraten. Urlaubsfotos im Internet können zum Beispiel als Einladung an Einbrecher*innen dienen. Es lohnt sich, beim Surfen auf Social Media auf die eigene Datensicherheit zu achten.

Privatsphäre im Internet 

Viele Plattformen definieren in ihren Nutzungsbedingungen ein Mindestalter für die Nutzung eines Accounts. Diese Vorgabe soll dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche, welche die Netzwerke nutzen, die Zusammenhänge der Datensicherheit bereits verstehen können:  

  • Sichtbarkeit der eigenen Beiträge
  • Risiken bei der Angabe von Personendaten oder Adressinformationen
  • Plattformen wie WhatsApp, Instagram oder Facebook tauschen Nutzerdaten auch untereinander aus

Einmal im Netz, immer im Netz

Die sozialen Medien machen es uns leicht, eigene politische oder gesellschaftliche Überzeugungen öffentlich zu machen, unabhängig des Wahrheitsgehalts. Doch was ist, wenn wir unsere Meinung einmal ändern? Ein Jugendlicher aus der Umfrage erinnert sich:

«Vor 10-15 Jahren habe ich teilweise Memes reposted, die sexistische oder rassistische Stereotypen enthielten. Es hat mich niemand darauf angesprochen, aber seit ich mich mit Sexismus und Rassismus beschäftige, schäme ich mich dafür.» 

Das Internet vergisst nie. Post sollten darum immer nur in vollem Bewusstsein und Überzeugung veröffentlicht werden. 

3 Tipps für Ihre Kinder für mehr Datensicherheit auf Social Media 

Halte Personalien und Adressinformationen
lieber für dich.

Grenze die Sichtbarkeit der eigenen Beiträge ein. Die meisten Plattformen bieten hierfür Beschränkungsoptionen an. 

Think before you post: Ansichten und Meinungen, politische Positionen und Überzeugungen können sich ändern.

Thema

Ahmt Ihr Kind Ideale auf
ungesunde Art nach? 

Der Vergleich mit anderen hilft uns Menschen, uns in der Gesellschaft einzuordnen. Dieses Verhalten kann aber auch negative Auswirkungen haben: In den digitalen Medien ist der Vergleich mit anderen pausenlos präsent. Wenn Kinder und Jugendliche sich aber zu hohe oder die falschen Ziele setzen, kann das Selbstwertgefühl darunter leiden.

Es ist wichtig, dass Kinder und Jugendliche erkennen lernen, welche Vorbilder authentisch sind und welche unrealistisch oder ungesund. Selbstdarstellung auf Social Media ist nicht zwingend gut oder schlecht, aber wahre Selbstdarstellung sollte authentisch und reflektiert sein.

Fehlinformationen und Fake-Profile können das Selbstbild und die Wahrnehmung der Betrachtenden beeinflussen. Solche Täuschungen gilt es, zu erkennen. Auch hilft es, die Influencer-Kultur zu verstehen, um vom idealisierten Lebensstil nicht in die Irre geleitet zu werden.

Ahmt Ihr Kind das Verhalten von Vorbildern auf ungesunde Art nach? Hier finden Sie sechs Ansätze für ein Gespräch mit Ihrer Tochter oder Ihrem Sohn, inspiriert durch die Antworten und Wünsche aus unserer Umfrage zur Frage: «Was möchtest du deinen Eltern zum Thema mitgeben?»

  • Recherchieren Sie gemeinsam: Suchen Sie gemeinsam nach Hinweisen und Informationen, die eine bekannte Person auf den Boden der Realität zurückbringt und damit menschlich macht. Denn zu jedem noch so hellen Promi-Sternchen finden sich immer auch kritische Aspekte.
  • Stärken Sie die Selbstwahrnehmung Ihres Kindes: «Gebt euren Kindern das Selbstvertrauen, dass sie schön sind, wie sie sind, und genügen.» Insbesondere während der Pubertät wird das Selbstbild stark von Experimenten wie Haare färben, Kleidungsstile ausprobieren oder der körperlichen Entwicklung geprägt. Stärken Sie das Selbstwertgefühl Ihres Kindes und relativieren Sie überzeichnete Ideale.
  • Zeigen Sie sich nahbar: Überwachung und Verbote fühlen sich selten gut an. Seien Sie stattdessen lieber aufmerksam und interessiert, fragen Sie nach, sprechen Sie die Chancen und Gefahren der Selbstdarstellung an. Erzählen Sie auch von Ihrem eigenen Konsum und Ihrer eigenen Selbstdarstellung im Netz.
  • Fragen Sie um Erlaubnis: Posten Sie selbst Bilder auf Social Media? Falls auf diesen Bildern auch Ihr Kind zu sehen ist: Fragen Sie vor der Veröffentlichung nach, ob es für Ihren Sohn oder Ihre Tochter in Ordnung geht, wenn er oder sie darauf auch zu sehen ist. Damit sind Sie gutes Vorbild und respektieren die Meinung Ihres Kindes.
  • Springen Sie über Ihren eigenen Schatten: Aus der Umfrage geht hervor, dass rund 80 Prozent der Teilnehmenden lieber nicht mit ihren Eltern über ihre Selbstdarstellung im Netz reden möchten. Dies, weil die Jugendlichen ihre Eltern unterschätzen oder sie gar als zu alt ansehen. Umso wichtiger für Sie: Machen Sie den ersten Schritt, suchen Sie das Gespräch und sehen Sie sich niemals als zu alt an, solche Themen mit ihren Kindern zu diskutieren.

Das Wichtigste in Kürze

Nützliche Links

Weiterführende Inhalte

Wünschen Sie sich weitergehende Informationen zum Thema Selbstdarstellung? Hier haben wir die wichtigsten Dokumente und Links zusammengetragen.

Michael fragen

Michael In Albon ist der Jugendmedienschutz-Beauftragte bei Swisscom. Er steht Ihnen bei allen Fragen rund um Kinder und Medien zur Verfügung. 

Portrait des Leiters Jugendmedienschutz Michael In Albon
Michael In Albon

Jugendmedienschutz-Beauftragter,
Leiter Schulen ans Internet (SAI)